Mittwoch, 14. Januar 2015

Einführung in Tantra


 Ein Leben im Tantra ist sehr schnell eine Grat-Wanderung
 - wie das echte Leben überhaupt






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Eine Einführung zum Thema  „TANTRICUM“


In diesem Blog  „tantricum“ werden ein paar Schriften von mir stehen, die aus dem Tantra kommen, wie ich es für mich für den Westen erlebe. Doch eigentlich stammt der Begriff aus Indien.  In Indien stecken ein paar meiner kulturellen Wurzeln, und besonders mein spiritueller Meister, Osho (früher als Bhagwan bekannt), den ich als meinen Tantra-Meister empfinde, stammt aus Indien. Das Wort „tantricum“ hat die lateinische Endung -um, womit ich etwa ausdrücken will, „das Tantrische“.

Meine bisher indischste Tantra-Geschichte ist ein Bericht über die Tantra-Tempel von Khajuraho. Dieser Bericht steht aber hier:  .http://khajuraho-mein-tantra.blogspot.com/


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Dann gibt es die Geschichte „Des jungen Gymnasiasten Rudolf's Leben mit den Mädchen und dann als Schlosserei-Praktikant“, die aus zwei Büchern besteht:
Buch EINS: http://rudolf-bei-den-maedchen.blogspot.de/2012/06/rolli-ein-den-madchen.html
Buch ZWEI:  http://rudolf-bei-den-maedchen.blogspot.de/2012/07/des-jungen-gymnasiasten-rudolfs-mit-den.html

Sie ist wohl tantrisch, aber ganz auf die Verhältnisse in Europa nach dem zweiten Weltkrieg bezogen. Am Anfang und Ende stehen ein paar Szenen aus jenen Jahren. Doch insgesamt ist es der Versuch, das Weibliche und das Männliche in Form einer Jugend zu versöhnen – was in jenen Jahren sehr notwendig war. – Eine mir bekannte Dame sagte etwa, daß ihr diese Geschichte Hinweise auf ihr Frau-Sein gegeben habe, deren sie sich vorher nicht bewußt gewesen war.

Außerdem sind noch vier Zeichnungen beigefügt, die die Art der Kinderkleidung damals vorstellen:
http://www.Kinder-1950.blogspot.com

Auf Hochfels aber trugen die Mädchen eher Junge-Damen-Kleidung.

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Die erfundene Geschichte  „Ragi, oder die erste Liebe im Stadtparkund dann  . . .“ steht hier: http://ragiundstefaneins.blogspot.com/  , sie besteht aus sechs Büchern und beschreibt die Idee des Tantra im Deutschland der 1950er Jahre. Doch ich habe ein paar eigene, tatsächliche Erlebniss aus Indien eingeflochten.

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Tantra durchzieht noch andere Texte in dieser Sammlung aller meiner Blogs. Doch ein paar kürzere tantrische Texte stehen schon in diesem Blog und sind rechts oben angezeigt   →  -


– sie sind jedoch nicht original tantrisch. Ich gestehe, daß ich so gesehen weit entfernt bin vom eigentlichen Tantra, nach wie vor sehr westlich, also vom materialistischen Geist beeinflußt. Das Wort „tantricum“ hat die lateinische Endung -um, was für mich ausdrückt  „das Tantrische“.

Für mich ist das grundlegende Thema von Tantra die Anregung zum totalen Frei-Sein. Also die Freiheit, so zu sein, wie es meinem angeborenen, ganz individuellen, einmaligen, authentischen Charakter entspricht. Tantra bietet die Mittel zum Frei-Werden an. Daniel Odier hat in seinem Buch „Tantra Yoga“ auf die sehr alte Geschichte des Tantra hingewiesen, auf die Ur-Quellen. Seine Texte sind nicht unbedingt korrekt im Sinne westlicher Wissenschaft, doch wahrscheinlich Ausdruck seiner tief inneren Erlebnisse. Das erfährt der Leser noch eindrücklicher in seinem Buch „Tantra“. 

Für mich ist westliche Wissenschaft gebunden an Worte und ähnliche Darstellungenwie Diagramme, Formeln, Listen . . . Im Osten spielt das Erfahrene eine größere Rolleund so erfahre ich Odier´s Schriften. Und Tantra! Für das Erfahrene haben wir nicht immer eine Sprache. Das Erfahrene ist umfangreicher.


Tantra ist viel älter als wissenschaftliche Erkenntnisse zeigen können. Im Buch  „Tantra Yoga“ beschreibt Odier es. Die am besten gebündelte und vielleicht älteste  Schrift ist für ihn das „Vijñana Bhairava-Tantra“. Es gibt mehrere Veröffentlichungen, die sich wenig unterscheiden. In Odier´s Buch ist eine Version, im Buch „Ohne Worteohne Schweigen“ von Paul Reps eine etwas verschiedene. Osho hat das „Vijñana Bhairava-Tantra“ in seiner Buch-Serie „Book of the Secrets“ dem Westen nahe gebracht. Alle diese Versionen berufen sich auf die alte Tantra-Tradition des Shiva-Yoga oder Shiva-Tantra in Kashmir. (Osho´s Serie ist später mehrmals unter verschiedenen Titeln heraus gekommen, der Verlag hat da leider etwas Verwirrung erzeugt)


Im indischen Mittelalter dienten die Tempel von Khajuraho, aber auch viele weitere „spirituelle“ Selbsterfahrungsgruppen oder Therapien der tantrischen Erkenntnis, das heißt im Wesentlichen der Erkenntnis seiner selbst, der eigenen Authentizität, des eigenen echten, angeborenen Charakters. - Im Gegensatz zu den an-programmierten Charakterzügen aus der Erziehung in der Kindheit und Jugend.


 

Hier nenne ich ein paar Blogs von mir, die stark tantrische Erlebnisse beschreiben:

die Indigo-Kultur: http://madaceae.blogspot.de/  ,
http://tantricum.blogspot.com/2009/08/einfuhrung-in-tantricus_29.html
http://tantricum.blogspot.com/2009/08/ein-brief-eine-freundin.html
http://tantricum.blogspot.com/2009/08/jugendliche-tantra-erlebnisse.html
http://tantricum.blogspot.com/2011/12/blog-post.html
http://knabentraeume-eins.blogspot.com/
http://kinderstruempfe-lang.blogspot.com/
http://mein-abenteuer-die-langen-struempfe.blogspot.com/2010/10/zuerst.html
http://mein-abenteuer-die-langen-struempfe.blogspot.com/2010/10/foto-quellen.html
http://mein-abenteuer-die-langen-struempfe.blogspot.com/2011/05/ein-wenig-strumpfhalter-tipps.html
http://mein-abenteuer-die-langen-struempfe.blogspot.com/2011/07/gefundenes-bild.html
http://geschichte-der-langen-struempfe.blogspot.com/
http://tantricum-rolli-eins.blogspot.com/
http://friedas-liebe.blogspot.com/
http://ragiundstefaneins.blogspot.com/
http://roecke-norwegen.blogspot.com/



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Ergänzung am 10.viii.2013

 

 

Meine Blicke ins indische Tantra


Eine asiatische Aussage:

»As a person I do not exist,
as a person I only appear,
I exist as a presence. -
The day I came to know myself
The person has disappeared,
There is only a presence,
a very living presence . . . «



»Als eine Person gibt es mich nicht,
Als eine Person scheint es mich nur zu geben,
Mich gibt es nur als ein Sein.
An dem Tage als ich mich selbst erkannte,
verschwand die Person.
Da gibt es nur das Sein,
ein sehr lebendiges Sein . . . «

Persona im Lateinischen heißt die Maske. Sie wurde von den antiken Theaterspielern aufgesetzt, und da hinter wurde der Text zitiert. Das Gesicht des Schauspielers, sein Wesen, blieb unerkannt von den Zuschauern.
Der normale Mensch lernt es als Kind, sich eine Persönlichkeit aufzubauen – eben sich diese Maske aufzusetzen. Der Text oben will zeigen, wie sehr wir hinter unserer ganz „persönlichen“ Maske eigentlich jemand anderes sind: der authentische, ganz eigene, einmalige Charakter, das „Ich“. Sehr oft lassen wir unser Ich nie durchblicken, verbergen es hinter der persona, der „Persönlichkeit. Je nachdem, wie unsere Erziehung verläuft, tragen wir diese oder jene persona, doch das Ich ändert sich nicht trotz vieler Einflüsse während des ganzen, langen Lebens. Wir können unsere persona sogar verändern oder nacheinander verschiedene personas tragen, aber nicht das Ich.
Das Ich, der ganz eigene, einmalige Charakter. Den es nicht noch ein zweites Mal gibt, nie gegeben hat und nie geben wird.
„Tantra“ in Indien ist die Lehre, durch die wir unser eigenes, authentisches Ich kennen lernen – wenn wir uns einlassen in einen solchen, oft langwierigen Prozess. Gilt es doch, die ganze, in der Erziehung mühsam aufgebaute Persönlichkeit durchsichtig werden zu lassen. Und zu unserer Authentizität zurück zu finden, echt zu sein!
Die Arbeit im antiken, indischen Khajuraho war tiefes Tantra. Seht zum Beispiel meine Intertnet-Blogs dazu: http://khajuraho-mein-tantra.blogspot.de/ . Die Arbeit? In den Tempeln von Khajuraho wurden die Besucher verlockt, zu sich selbst zu finden. Die Herrscher des Königsreiches Jejaka-Bhukti wollten eine spirituell zufriedene und ausgeglichene Bevölkerung. Es scheint, daß ihnen das über 400 Jahre Friedensherrschaft gelungen ist. Bis um etwa 1200 westlicher Zeitrechnung neue Herrscher-Staaten auftraten und Tantra zurückdrängten.




Noch nicht fertig


Brief an eine Freundin

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der Brief . . .
. . .  von Aryaman

Also, liebe S.,

nun schicke ich Dir mal ´n bißchen. Erstmal einen Brief, in den ich auch ein paar alte Auszüge aus früheren Briefen an eine andere Freundin reinschreibe.

Mir scheint, ich sollte meine erotischen Geschichten für mich behalten, nicht weitergeben, aber da ich schon gemerkt habe, daß Du sogar eine meiner stärkeren („Rolli ...“) gut findest, wage ich es. Denn ich habe auch gemerkt, daß selbst tolerante und relativ freie Leute ihre Probleme haben, wenn sie meine erotischen Geschichten lesen. Natürlich geht es darum, daß ich alte aus der Prägung (Konditionierung, Erziehung usw) stammende Vorstellungen der Menschen unterlaufe, in Frage stelle. Und da wehrt sich fast jeder - Du auch?

Und mir scheint, daß gerade Leute, die ein starkes Bedürfnis nach Erfüllung im Sex haben und sich die Erfüllung auch holen, an meinen Geschichten Anstoß nehmen.

Hinter meinem Tun steckt mein vielleicht zu rebellisches Anliegen, meinen Mitmenschen die Wege zu zeigen, um frei und am Ende erleuchtet zu werden. — Wer es nicht will, das ist auch ok, doch für mich sind solche Menschen weniger interessant, weniger wichtig in meinem Leben. Und ich habe den Eindruck, daß die letzteren weniger in der Lage sind, selbst Verantwortung zu übernehmen, ich meine besonders für die Bewahrung unserer Lebensumstände wie Gesundheit, Frieden, Liebe, Natur, besonders Natur, echte Kultur, echte Religiosität . . . In diesem Ansinnen bin ich gar nicht allein, es gibt so manche Bewegungen, Bücher, Vorträge, spirituelle Meister . . . , die diese Wege aufzeigen möchten, ob sie nun Jesus, Buddha oder Osho . . . heißen. Und sie schocken immer wieder, denn nur über den Schock kann es gelingen, die alten Dinge über Bord zu werfen und frei von ihnen zu werden — wenn diese alten Dinge keine Rolle mehr spielen sondern nur noch nutzlose und belastende Muster sind.



Ich habe gefunden und mal in mein esoterisches Lexikon getan:

Tantra möchte den Menschen helfen, sich selbst zu finden, authentisch zu sein. Für mich (Aryaman) ist Tantra die allermenschlichste Kultur, auch die religiöseste. Tantrische Mystiker (zum Beispiel OSHO) übernehmen die tantrische Aufgabe und verwenden viele Techniken. Und nun: „Die Lehrer fast aller mystischen Richtungen haben seit jeher Schock- und Überraschungseffekte eingesetzt, um die Gedankenströme ihrer Schüler aus den gewohnten Bahnen aufzuschrecken. Auf diese Weise führen sie gezielt eine gewisse Bewußtseinserweiterung herbei . . . Im indischen Tantra gibt es ein ganzes System solcher schocktherapeutischer Maßnahmen, die vom Standpunkt der (westlichen) Psychologie aus betrachtet einen massiven Eingriff in die Persönlichkeit darstellen“ — ja das ist im Tantra auch so gemeint, damit die Persönlichkeit unterlaufen und durchlöchert wird und die wahre angeborene Natur des Adepten ihm selbst klar wird. (Zitate von KING)

Im indischen Tantra heißt es, „vom Sex zur höheren Erkenntnis“   Fußnote 1), da ist Sex — und der tiefste und intensivste und umfangreichste Sex — nur die Startbahn zu mehr, zu „weit über den Sex hinaus“, zur „kosmischen Erfahrung“ wie es auch irgendwo heißt  Fußnote 2). Hab keine Angst, Sex geht Dir dabei nicht verloren, doch nach dem Sex muß es nicht notwendigerweise sofort zurück ins Alltagsleben gehen sondern kann auch noch weiter . . . , das war gemeint, das ist die tiefere Verführung!

Obwohl ich im Horoskop als spiritueller Lehrer bezeichnet werde, kommt es immer wieder, daß gerade Frauen, denen ich so viel zugerechnet habe, nach einigen schockierenden Erlebnissen mit mir sich abwenden — das ist dann schon schmerzhaft. Denn gerade von diesen Frauen hatte ich für den eigenen Gewinn und für den Gewinn der Menschheit so viel erhofft:  Erkenntnisse aus ihrem Frau-Sein, aus ihren archaischen Quellen, die uns als Männer meist verschlossen bleiben.


So also ist das mit mir.


In einem Brief an eine Freundin habe ich mal geschrieben:

„Die Menschheit durchläuft im Laufe der Geschichte etliche Bewußtheitsstufen, indem die Bewußtheit immer weiter wächst, immer neue Stufen erreicht.Dabei kommen wir nun gesteigert in ein Zeitalter, in dem das sogenannte Integrat die früheren Stadien ablöst: Matriarchat und Patriarchat. Das Integrat hat — wie im Tantra — die völlige gleichgewichtige Bedeutung von Frau und Mann. Doch wir müssen noch viel dazu tun — wenn es vielleicht auch einfach geschieht, ich weiß nicht. Im Tantra sagen sie Die Frau bringt dem Mann das Feuer der Ekstase — sie hat es also schon, deswegen bin ich immer so begierig darauf, gewisse Frauen zu erleben.“

Du, liebe Freundin, hast es auch, jedenfalls sehe ich das so. Im Integrat dürfen Frau mehr Frau, Mann mehr Mann sein, allerdings unter Fallenlassen der alten Muster des Frauseins, des Mannseins, und ganz auf sich selbst kommen. Da darf jeder Mann sein eigener Mann sein, jede Frau ihre eigene Frau — ganz dem eigenen individuellen Charakter folgend. Weiter schrieb ich:

„Dennoch ist es schwer, einen Mann zu finden, der da ganz loslassen kann, sich bedingungslos fallen lassen kann, die alten Zöpfe der Gesellschaft sind noch zu fest gebunden, und neuere, frischere sind noch kaum entstanden. Wenn Du einen umwirbst, vielleicht wäre es da richtig, den Mann bekannt zu machen mit der Gefahr, mit dem Risiko, daß er bei Dir seine Zöpfe lösen, Teile seines Stolzes fallen lassen muß, Du ihn aus seinem Geist reißen wirst und in den Müll werfen — als eine Art Werbespruch, der viel Wagnis und Grenzerfahrung enthält. Daß Du in ihn eindringen wirst — und wenn er dazu Angst hat, soll er sich zum Teufel . . . Das ist doch das wahnsinnig interessante, wenn mann sich auf eine Frau einlässt — ok, nicht bei allen Frauen, doch bei 10 000 mal so viel Frauen wie umgekehrt bei Männern."


Du umwirbst ihn mit Deinem fraulichen Charme und sagst: wenn Du kommst, werde ich dich packen und irgendwie vergewaltigen — bis du dazu bereit? . . . Dafür sehe ich so süß aus, damit du kommst und ich dann zur Teufelin werde — aus Liebe natürlich" (das ist das Bild der Göttin Kali in Indien, ich muß es mal malen, kennst Du den Haindl-Tarot? Da ist ein Bild von Kali).

Das Problem scheint ja zu sein, daß Männer vor dem totalen Verlangen und der totalen Hingabe der Frau Angst haben. Sag´s ihm und mach ihn lüstern auf dieses große Risiko, sein Ego weitgehend zu verlieren (seine Distinguiertheit auch, sein Mannbild in dieser Gesellschaft), mach ihn lüstern, sich in dunkle Tiefen fallen zu lassen — das ist sowas wie ein Todeserlebnis, im Tarot die Karte der Tod".


Und wie geht es mir selbst damit? Es ist emotional sehr anstrengend: gerade die liebsten Menschen schockiere ich immer wieder (Dich nun auch?), doch dann wird es ihnen zu viel und sie wenden sich ab, und ich falle in Trauer und einen verzweifelten Mißmut. Während des Studiums beklagte ich mich darüber mal bei einem Freund, und der sagte: „ja, das ist doch dein Weg, du wagst dich immer viel weiter als die anderen das mögen. Das ist dein Weg. Das liegt doch in deiner eigenen Verantwortung und Entscheidung.“ Er war da braver und ist bald Professor geworden, und ich? Blieb einfach so´n kleiner . . . , und das war für mich schon sehr gut und richtig.

In der großen Liebe — Aryaman

———————
Fußnoten:
1)  Osho: "Vom Sex zum kosmischen Bewußtsein“,   gescanntes Buch, zum Runterladen: http://kosmicum.blogspot.de/2012/07/einleitung-erster-vortrag.html  ,



2) und hier:  "unsere Liebe: Clarissa und Stefan und ihr Orgasmus",

 http://friedas-liebe.blogspot.com/ , rechts:

▼  2012 

Dora´s und Stefan´s Liebe

 

D o r a



Dora Heise. mochte ich sehr gerne, und es tut mir leid, daß ich sie nie wieder traf als ich erwachsen war und sie schon alt, ich weiß nicht einmal, wann sie ihren Körper verlassen hat; und wo. Ich heiße Stefan und möchte diese kleine Liebesgeschichte hinschreiben, weil sie so schön und warm war.
 Dora war Kinderschwester und mit einer kinderreichen Familie (von Blittersdorf) aus dem Osten in den Westen geflohen als 1945 der Krieg so schmachvoll und schrecklich endete. Frau von Blittersdorf war dann mittelsarm und konnte sich nicht mehr leisten, für die fünf halbwüchsigen Kinder noch eine Kinderschwester zu bezahlen. Sie wohnten in Lütjensee bei Trittau, wo ich einmal 2 Wochen Ferien machte. Das war im Sommer 1948, und ich war damals 15.

Dora besuchte uns das erste Mal zwei Jahr vorher und half meiner Mutter in allerlei Hausdingen, und ihre leichte und lockere Art gefiel mir. Das war es aber nicht allein, weswegen ich sie mochte, ein wenig verliebt war in sie. Ich denke, sie war damals um 35, ich aber erst 13. Ihre Art, Frau zu sein mochte ich, sie war anders als die anderen Frauen, die ich damals kannte, auch anders als meine Mutter. Wir wohnten in jenen Jahren eng zusammen, und ich sah meine Mutter oft in Unterkleidung, die mich sehr abstieß, besonders die damals bei Frauen üblichen Perlonstrümpfe und die dazugehörigen Mieder, Strumpfhalter und all das, meistens in rosa.

Dora aber war anders gekleidet und für mich neu. Sie trug nie Perlonstrümpfe sondern Baumwollstrümpfe, und wie ich mich erinnere, waren die grau, und das mochte ich. Diese Strümpfe ähnelten denen, die ich oft trug (wie die meisten Kinder damals), also auch Baumwollstrümpfe, lang wie die Beine und oben mit Strumpfhaltern befestigt. Ich sah auch mal, daß Dora´s Unterkleidung nicht rosa (wie bei den anderen Frauen) war sondern weiß. Und so konnte ich sie auch an diesem Punkt schön finden. Sie trug auch keine hochhackigen Schuhe, kurz sie war sportlich gekleidet, im langen Wollrock oder -kleid. Das waren ein paar der Umstände, unter denen das geschah, was ich nun erzählen möchte.

Zum ersten Mal erlebte ich mit Dora eine Frau, die von anderer Art war als die Frauen in meiner Umgebung , heute würde ich sagen, sie war echter, auch sportlicher, erdiger.

Also, ich war verliebt in Dora, und sie wohl auch in mich, in der Art, wie man verliebt sein konnte bei einem so großen Altersunterschied, 13 und 35. Und Dora lud mich mal ein, mit ihr eine kleine Wanderung zu machen, mehrere Tage, Schlafen in Dorfgasthäusern. Meine Mutter war froh, wenn ein oder zwei ihrer fünf Kinder außerhalb des Hauses waren, da es sehr eng bei uns war. Dora schlief an Besuchstagen bei uns bei Nachbarn.

Sie hatte allerdings eine Idee, eher eine Bitte an mich, die neu für mich war – wie alles an ihr. Sie schlug mir vor, auf der Wanderschaft wie sie auch einen Rock oder ein Kleid zu tragen. Das reizte mich sehr, und ich konnte mir ein warmes, weites Kleid leihen, das bis an die Knie reichte, es gefiel mir so. Das Kleid war aus dicker, dunkel-braun-roter Wolle mit kleinen Mustern eingewebt und mit langen Ärmeln. Wir packten die Rucksäcke – einfache grüne Leinenbeutel mit Lederriemen über die Schultern, wie es so war. Ich machte die Erfahrungen, in der Natur mit so offener Kleidung zu leben, und ich genoß diese Offenheit am Körper sehr. Oben trugen wir wie damals üblich eine Windjacke und an den Beinen eben diese langen Strümpfe und feste Schuhe, Wanderschuhe sagten wir. Über meine Mutter war ich an die Natur gewöhnt und liebte das Leben draußen. Das Wetter war herbstlich, manchmal regnerisch, meistens windig, und unsere Kleider wehten umher, und wir freuten uns einander an unserer Schönheit in dieser Kleidung.

Überhaupt freuten wir uns aneinander. Meistens gingen wir Hand in Hand, und wenn ich nicht so viel kleiner gewesen wäre, wären wir viel umarmt gegangen. Arm in Arm allerdings saßen wir immer wieder auf einem Felsblock, einem liegenden Baumstamm oder auf einem Ast im Baum oder auch mal auf einer Bank, oder auch einfach im Waldlaub. Jedenfalls umarmt. Das waren auch völlig neue Erlebnisse, denn es gab sonst keinen Menschen, der mich umarmt hielt. Meine Mutter auch nicht, sie umarmte schon eher mal ihre jüngeren Kinder. So bekam ich einen tiefen Eindruck vom Frau-Wesen wie ich es bald sehr gerne hatte und noch habe. Dora hat mir gezeigt, was eine Frau für mich sein kann.

Ja, und ich trug  eine Kleidung, die damals noch mehr als heute äußerlicher Ausdruck des Fraulichen war, und es gefiel mir und ich genoß es. Ich meine das Kleid und die langen Strümpfe, dazu  noch ein seidenes, rosa Halstuch, das Dora mir geschenkt hatte. Sowieso entsprach ich – natürlicherweise – mit 13 nicht den Vorstellungen der Leute wie es aussieht männlich zu sein, und durch diese Kleidung und durch diese so echte Freundin  war ich vollständig von solchen üblichen Vorstellungen gelöst. Ich möchte sagen, wir trafen uns in der Mitte zwischen Frau und Knabe. Das ist etwas anderes als die Mitte zwischen Frau und Mann. Denn ein Knabe ist  eine besondere Art  Mensch-Sein, oder wie Otto Lohmüller sagt, eine eigene „Spezies“ Mensch. Mann ist etwas anderes.

Wer lange Strümpfe trägt, muß auf Reisen Ersatz dabei haben, da sie leicht mal reissen. Und Ersatz brauchte ich auch, aber meine Ersatzstrümpfe waren mir zu kurz, reichten nur über den halben Oberschenkel. Für Frauen mag das so richtig sein, aber für mich sind die Strümpfe nur sinnvoll, wenn sie das ganze Bein bedecken. In einer Jugendherberge, wo wir übernachteten, sah ich einige Mädchen, wie sie ihre Strümpfe aus- oder anzogen, und ich entdeckte, wie verschieden lang sie waren. Fragen mochte ich nicht.

Oft saßen Dora und ich irgendwo im Wald und streichelten einander, besonders die Knie und weiter beinaufwärts. Es ist  wunderschön, wenn eine liebende Hand über einen leicht gerippten Baumwollstrumpf streicht – und wir gönnten einander diese Genüsse immer wieder. Schließlich gaben wir einander leichte und warme Küsse, doch das Heiße mochte ich nicht. Sie saß auf einem Baumstamm und lockte mich auf ihren Schoß. Da saß ich nun quer auf ihren Knien, sie zog meinen Kleidrock unter meinen Beinen raus, und ihren schob sie an ihren Leib, so daß zwischen unseren Beinen nur noch die Strümpfe waren. Das war etwas Wunderschönes. Und schließlich berührten sich die kleinen Spannen nackte Haut oberhalb unserer Strümpfe. Große Wonne bei beiden!

Das war der Moment, wie sie mich oben umarmte, wir beide uns umarmten, wozu ich mich ein wenig drehte. Unsere Lippen näherten einander, und schließlich kam ihre Zungenspitze und leckte meine feine, weiche Gesichtshaut – oh war nun das schön! Ich fühlte mich wie ein kleines Kind – etwas war ich noch Kind, kleiner Körper, weiche helle Stimme, weiche Haut . . . Und ein wenig war Dora so etwas wie eine Mutter – meine Mutter? Mutter-Ersatz? Nein alles nicht, sie war einfach Dora, die Frau. Und ich Stefan ihr geliebter Knabe.

Was ich gerne mochte war, wenn Dora´s Hand unter meinem Kleid den Schenkel hochstrich und schließlich ganz oben an meine nackte Haut kam und die Unterhose zurückschob und hinein schlüpfte. Da konnte ich mich hingeben, am schönsten war das, wenn wir im hohen Laub der Buchen lagen. Sie strich über meine Pobacken und schlüpfte vorsichtig dazwischen, und dann zwischen die Schenkel an die glatte (ich meine, unbehaarte) Haut der Hoden.

Da geschah es, daß eine Frau heranschlich und uns fotografierte, ohne daß wir es hörten, von allen Seiten, und Wochen später schickte sie uns die Fotos. Ja, ich mochte die Fotos, nun sind sie allerdings verloren gegangen, und wer die Fotografin war, weiß ich  nicht.

Ich sollte Dora in derselben Art streicheln, gewiß tat ich es, und schließlich lenkte sie meine Hand in ihre Scheide, wo es warm und glitschig war und mir sehr wohl tat, ihr noch mehr. Ja, zu sowas sind unten offene Kleidungen gut und nützlich. Diese Erfahrungen habe ich in der Seele behalten. Einerseits tut es der Seele gut, andererseits trage ich immer Anregungen für das spätere Leben mit mir.

Nachts blieben wir ja meistens in einem Dorfgasthaus und mieteten uns ein Zimmer mit einem breiten Bett. Das waren ja noch die Zeiten mit den dicken Federbetten, doch zu kurz selbst für mich. Also behielt ich meine Strümpfe an.  Und da ich nachts keine Unterhose anhabe, kamen wir beide uns sehr nahe, Körper an Körper, dort wo die Seele und der Körper sehr empfindsam und empfänglich sind. Es war schon eigenartig, Dora´s Haare an meinem haarlosen Körper zu fühlen, anfänglich recht fremd, aber da wir uns liebten, war es gut.

Von der Nacht an trugen wir auch am Tag keine Unterwäsche mehr, ich meine keine Unterhöschen, denn Unterröcke waren durchaus üblich und passend, und etwas um die Strümpfe zu halten, brauchten wir ja auch: einen Strumpfhaltergürtel, wie sie das nannten, mit Strumpfhaltern dran – aber keine Höschen, und das war der größte Genuß, diese Leichtigkeit!


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meine Wanderung mit den Mädchen

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Meine Rhön-Wanderung mit den Mädchen



- beginnt mit der    Einführung in  „Tantricum“    in       2009 Mai

   erneuert 23.August 2013, verkürzt am 8.I.2014

Einleitung
Diese kleine Geschichte ist ganz erfunden, doch sie öffnet den Blick auf Gefühle, die ich heimlich mein ganzes Leben habe: die Lust am Mensch-Sein und Mensch-Werden, ein Mensch in vielen Aspekten. Ich schreibe sie nun im Alter, und wenn die Geschehnisse auch nicht irgendwelchen Tatsachen entsprechen, so gibt das Erzählen meinen Blick frei auf die Gefühle eines Jungen um 14, der mehr als nur ein Junge sein wollte 
– so wie ich es war, alle interessanten Menschenwege ausleben.


. . .  eine Tasse Tee, Kräutertee. War ein wenig langweilig, aber es war schön, mit Susanne in ihrem Zimmer zu sitzen. Da hing eine Postkarte an der Wand, ein Bild von van Gogh, vier bunte Boote auf den Strand gezogen, „Anitié“ steht auf dem zweiten. Einige Jahre später merke ich: diese Kopie hängt in vielen Studentenbuden, ist bei jungen Leuten beliebt, vielleicht weil es so bunt ist. – Gespräch über dies und das, bis mir einfiel, mal zu fragen, „Was ist eigentlich Spezielles an Röcken und Kleidern dran, daß ihr Mädchen die immer anhabt? Und dabei bleibt,“ frage ich. Dazu muß ich eben erwähnen, daß damals, als die folgende Begebenheit stattfand, Mädchen fast immer Kleider oder Röcke trugen, Jungen immer kurze oder lange Hosen. Wenn es um die untere Hälfte des Körpers und die Beine ging.

Susanne fragte, „hast du nie Lust, einen Rock zu tragen? Ich habe gemerkt, daß manche Jungen das gerne mal ausprobieren würden.“

Und so ging das Gespräch weiter. Bis sie sagte, „eigentlich solltest du auch mal ein Kleid tragen, um zu wissen  . . .  Um vielleicht zu genießen  . . .  Oder um uns zu verstehen  . . .  Oder um dir klar zu werden, was die Hosen für dich bedeuten.“

Das war mir im Moment zu fremd, da ist etwas, was hemmte, das tut ein Junge doch nicht. Und doch, ganz leise regte sich ein Verlangen, diesen Weg mal zu versuchen.

„Tu´s doch einfach mal,“ sagte sie und spielte mit dem Saum ihres Kleides. Das war bunt und weit und hing runter bis über die Knie, und ein Spitzenrand eines weißen Unterrockes schaut ab und zu hervor. Für ein Mädchen ganz schön, doch da begann ich mich zu fragen, wieso ist das eigentlich schön für Mädchen aber nicht für Jungen.

So kam auch ein leises Verlangen auf – Mädchensachen  . . .  Ich stand auf und lehnte mich an die Wand und versuchte zu spüren, wie sich mein Körper wohl anfühlen würde,  . . .  im Kleid, so flatterig und unten offen. Ein kribbeliges Gefühl im Unterkörper  . . .  Susanne mag etwas gesehen haben, vielleicht eine Sehnsucht in meinen Augen. „Tu´s doch einfach mal,“ sagte sie nochmal. Ich wurde verlegen und sehnsüchtig, beides.

Wir beschlossen, mal etwas zu unternehmen, bei dem ich Mädchenkleidung tragen würde. Es war Sommer, und die Herbstferien würden nach einigen Wochen kommen. Mal fragte Susanne mich, ob ich mit ihr und ein paar Freundinnen eine Wanderung machen möchte, zwei Wochen durch die Rhön, ein Gebirge bei Fulda. Ganz als Mädchen, vielleicht. „Deine Stimme ist so hell und schön, da würde das passen.“

An einem späteren Tag dann lädt Susanne mich zu einer Tee- und Kuchenrunde ein, bei ihr mit ein paar Freundinnen, alle so in meiner Klassenstufe, doch Mädchen und Jungen gehen ja in getrennte Schulen damals, keine gemischten Klassen! Deswegen kenne ich die anderen kaum.

Echtes Mädchen-Gezwitscher, ich sitze etwas stiller in einer Ecke und beobachte. Mädchen sind ja was ganz nettes, aber richtig anziehen tun sie mich nicht. Nun beginnt diese Geschichte, „die Rhön-Wanderung“. Sie machen nun genauere Pläne für diese Wanderung in das Rhön-Gebirge. Mit Rucksäcken und Übernachtung bei Bauern oder in Jugendherbergen. So groß ist das Rhön-Gebirge nicht, und sie könnten es in zwei Tagen durchwandern. Doch sie wollen mehr daraus machen, umherwandern, auf der Wanderschaft leben, die Natur dort sein. Oder einfach irgendwo am Waldrand oder auf einem Felsen sitzen.

Susanne fragt mich, „willst du mitwandern?“ „Ja, warum nicht,“ sage ich zögernd und ein wenig oberflächlich. „Im Mädchenkleid?“ „Ja, warum nicht?“ sage ich unsicher. Mir wird heiß im Gesicht, werde wohl rot, bin verlegen.

Dennoch: die Mädchen sind angetan von meinem Entschluss, doch dann geht eine Diskussion dahin, daß sie verlangen, daß ich ganz als Mädchen gekleidet mitgehe. „Das willst du doch mal ausprobieren,“ meint Susanne, „erinnerst du dich an unser Teegespräch?“ „Wir zeigen dir auch, wie das geht.“ „Du wirst bei uns lernen, was es heißt, ein Mädchen zu sein – außer ein paar Kleinigkeiten, die nicht gehen, oder?“ „Und wie es sich anfühlt, in einem Kleid zu wandern, vierzehn Tage, und keine Hose im Rucksack, verstehst du?“

„Ich will es mir überlegen.“ „Ach nein, nicht erst lange rum-überlegen, nicht erst an den Gedanken gewöhnen oder so was. Gleich den Entschluß fassen.“ Also gut, ich fühle mich weiter unsicher, ist das richtig, wenn ich das tue? Meinen Eltern erzähle ich erst kurz vor den Ferien von dieser Sache, und meine Mutter findet das gut, doch mein Vater ist sehr skeptisch. Er sagt, „nachher wirst du noch zum Mädchen, und was dann? Ein Junge kann leicht in die falsche Richtung abrutschen, und dann weiß er später nicht mehr, wie er als Mann sein soll.“ Mutti sagt nur „ . . .  soll?“ Vater sieht sie erstaunt an, er bleibt unschlüssig, aber in solchen Dingen hat meine Mutter immer das endgültige Sagen, also werde ich mitwandern.

Und dann  bemerkt er, „ihr seid doch noch so jung, findet ihr euch denn zurecht?“ Mamma meint, „in alten Zeiten sind Kinder schon mit zwölf gewandert, und sie sind zurecht gekommen. Und sie sind doch mehrere. Außerdem ist die Rhön übersichtlich.“ Dann haben sie sich bei den anderen erkundigt, sie eingeladen und kennen gelernt und waren schließlich für das ganze Erlebnis. Da war ich ihnen sehr dankbar. Man muß ja mal anfangen, selbstständig zu sein. Und trotzdem war da auch Angst – ich als Junge einen Rock anziehen, und darin auf die Straße gehen? Gefühl von Gefahr, Risiko  . . .

Tagelange Planungen, Karten geliehen und angesehen, abgezeichnet, Adressen gesammelt  . . .  die ganze Wanderung zu Fuß, also Zeltbahnen besorgt, die wir zu einem Zelt zusammenknöpfen können, wenn wir draußen schlafen wollen. Alte Militär-Dinge. Und Seile, um die Zeltbahnen an Bäumen aufzuhängen, also keine Zeltstangen. Und Knoten lernen. Am Ende zeigt es sich, daß außer Susanne nur vier Mädchen mitreisen, die anderen wollen oder können nicht. Also sechs Mädchen auf der Wanderschaft, wenn ich mich mitzähle, und das tue ich bereits. Wenn auch unsicher, immer noch.

Am Abend vor der Abfahrt – wir müssen ja zuerst mit der Bahn in die Nähe der Rhön reisen, nach Fulda – gehe ich zu Susanne, denn morgen wollen wir alle uns dort treffen und früh losfahren. Die letzten Tage waren bei mir voller Spannung, ja Zittern: wie wird es sein, als Mädchen zu wandern? In der Mädchenkleidung? Und überhaupt so ohne Erwachsenenführung zu wandern, in unbekannter Gegend, wo wir niemanden kennen? Ein Wagnis, gefährlich? Und außerdem ist die Mädchenkleidung so riskant, ich fühle mich fast ungeschützt. Keine Hose dabei? In die ich in einer Not flüchten könnte.

Jahre später habe ich erfahren, daß immer jemand aus den Familien im Hintergrund bei uns war, ohne daß wir es wußten, uns bewachte, von ferne beobachtete. Doch eine Ersatz-Hose für mich hatte diese Person nicht dabei. Das Abenteuer muß ja vollständig bleiben.

Susanne sagt, „komm wir bereiten alles in meinem Zimmer vor, was noch zu tun ist, Rucksäcke packen und so.“ Aus ihrem Schrank hat sie alles rausgesucht, was sie mir geben will. Da ich kleiner bin – ich bin der Kleinste unserer Gruppe –, hat sie noch Sachen, aus denen sie rausgewachsen ist. Nun bin ich sehr verlegen über all diese Sachen. Und wie es weiter gehen wird, werde ich morgen erzählen. Nur noch dies: Susanne sagt, „zieh dich aus und komm mit in mein Bett, hier gebe ich dir ein Nachthemd.“ Das Nachthemd ist weiß mit kleinen Blümchen am Kragen, typisch Mädchen, also nun geht es schon los. Und oben am rosa Kragen Rüschen, und in der Mitte des Ausschnitts – oh, „Ausschnitt“, ein richtiges Mädchenwort! – da ist ein rotes, gehäkeltes Herzchen. Müssen Mädchen wohl so haben.

Susanne zieht sich auch aus, tapfer und verlegen, und zieht ihr Nachthemd an. Doch ihren Büstenhalter behält sie an.

Das war die ersten Tage so: einige Mädchen haben zuerst fast nie ihren Büstenhalter ausgezogen. Nicht mal beim Schwimmen in einem der vielen Bäche, die wir gesehen haben.

Susanne sagt, „ICH möchte dich ausziehen.“ Ihr könnt euch denken, wie ich mich fühlte, aber ich lasse sie, weil sie etwas größer ist und ich ihr sehr vertraue. Wie sie meine Unterhose runterziehen will, stoppt sie und sagt, „das geht ja nicht.“ Es war aber so, wie wir Kinder damals oft angezogen waren (jedenfalls in unserem Dorf), die Unterhose war an ein Leibchen angeknöpft, und diese Knöpfe musste Susanne erst lösen, rundherum, vier Stück. Ein Leibchen? Das ist eine Art Jacke, die hinten zugeknöpft ist, und um das Leibchen an- oder auszuziehen, brauchten wir einen weiteren Menschen, das war meistens die Mutter. Nun ist es Susanne, und das war mir ein besonderes Gefühl: Susanne knöpft mir hinten das Leibchen auf- und am nächsten Morgen wieder zu. „Eigentlich müsstest du auch einen Büstenhalter tragen ...“, aber ich will nicht, mein gewohntes Leibchen reicht mir. So viel Mädchen will ich nicht sein.

Für viele Kinder hatte das Leibchen eine weitere Aufgabe – außer warm zu halten –, an ihm waren Knöpfe, an die Strumpfhalter (manchmal auch die Unterhose – wie bei mir), angeknöpft waren, doch ich trug damals keine langen Strümpfe, nur bis ich zwölf war, dann nicht mehr, so weit. Das kam erst wieder am nächsten Morgen, ihr werdet sehen.

Und wie Susanne mich nackt sieht, sagt sie, „ach, du bist ja noch richtig ein Kind.“ Wie meint sie das? Wohl weil ich keine Haare da unten habe. Sie sagt dann, „eigentlich hätte ich das ja schon hören müssen, bei deiner hellen Stimme. Und so klein wie du bist.“ Es ist klar, ich bin ein Kind – und das ist gut, das bin ICH, bin ich gerne. Sind diese Mädchen auch Kinder? Oder „junge Mädchen“? Ich werde es sehen.
[mein ganzes Leben sind mir da nie viele Haare gewachsen, und ich habe mich dran gewöhnt]

Wie ich mein Leibchen noch anhabe, sagt Susanne, „lass uns mal eben zu meinen Eltern rüber gehen, ins Wohnzimmer, die möchten gerne sehen, `wen ich mir ins Bett hole´, wie sie sagten.“ Sie nimmt mich an die Hand und wir gehen rüber, beide `nackich´, wie Susanne sich ausdrückt – außer meinem Leibchen. Da war ich erst recht verlegen, so nackt vor fast fremden Leuten, es waren noch zwei Freunde von Susanne´s Eltern da. Wir bleiben an der Tür stehen, und – oh, ist mir das peinlich – mein Penis wird steif, doch die Erwachsenen sind sehr verständig und freundlich und begrüßen mich. Und wünschen uns eine schöne Nacht. Doch nun bleiben wir noch eine viertel Stunde bei ihnen. Bei  einem Glas Saft.

Eine alte Frau meint, „oh, das ist ja schon Jahrzehnte her, daß ich einen nackten  Knaben gesehen habe,“ und sie betrachtet mich freundlich von oben bis zu den Füßen. Da fühle ich mich sehr angenommen und gesegnet.

Immer noch verlegen lege ich mich neben Susanne, und wir schlafen gut und miteinander gekuschelt warm und lange. Morgens dann die Verwandlung:


Bild 1.
das Leibchen, der Hüfthalter, die langen Strümpfe
für Stefan (13) von Susanne: 
der Übergang vom Kind zum Jugendlichen,
oben das letzte Mal altes Leibchen, weiter unten 
der Hüfthalter mit den langen Strümpfen.
Unterkleid und Kleid reichen bis zu den Knien
(Bild 7), 
so mag ich Mädchen sein.

Wie Susanne mir morgens mein Leibchen zuknöpft, komme ich mir erst noch wie ein kleines Kind vor, ich brauche diese Hilfe noch immer zum Aus- und Anziehen! Doch dann gibt sie mir etwas, das nennt sie „Hüfthalter“, ein festes Kleidungsstück wie ein breiter Gürtel oder kurzer Schlauch, in den ich mit dem Unterleib schlüpfe und der fest anliegt, sich hinten fest um den Po schlingt. Ist nicht für kleine Kinder, sondern eher für Mädchen und Frauen, . . . also manchmal auch für Jungs. Ich steige in den Hüftgürtel von oben rein, wie in eine Badehose. Er ist dazu da, um Strümpfe anzuknüpfen. Und hake ihn seitlich fest, so daß er nicht rutscht, mit drei Häkchen und Ösen. Hatte Susanne früher getragen und ist nun raus gewachsen.

Das war mein letzter Tag im Kinderleibchen. 

Und da sind die Knöpfe außen am Hüfthalter dran, an die wir die vier Strumpfhalter knüpfen – Strumpf-Halter? Ja, die Mädchen tragen die langen Strümpfe. Also nun auch ich – wieder, eben als Mädchen. Zum Kleid oder Rock gehören lange Strümpfe, das ist so. Sonst kann es zu kühl werden unterm Rock.


Bild 2.
die Strumpfhalter mit dem Wäscheknopf.
Dies könnte ein Bild von Marianne sein, denke ich,
von Susanne´s Mutter gezeichnet.
Seht auch hier: 

Die vier Strumpfhalter-Gummis baumeln nun an den Schenkeln. Sehr eigenartig. Ich muß gestehen, daß mir bei all dem mein Glied steif wird und ich mich verlegen umdrehe. Dann bekomme ich ein paar beige Strümpfe, fast so lang wie die Beine. Verlegen und auch genußvoll ziehe ich sie an, ziehe sie hoch und klammere sie fest an die Halter. Nun bin ich wirklich schon ein Mädchen, außer daß das Glied noch immer ein wenig steif ist.

„Zieht ihr immer so lange Strümpfe an?“ frage ich Susanne. „Ja, sogar noch längere, die sind warm, und außerdem sieht es ordentlicher aus als mit nackten Beinen unterm Kleid.“ Ich sehe mir meine bestrumpften Beine an und finde sie schön, das erste Mal in meinem Leben finde ich das so. Liebevoll streiche ich meine Knie, das ist ein gutes Gefühl – Mädchenkleidung ist also doch was!

„Hier ein Mädchen-Schlüpfer,“ und sie gibt mir grinsend ein rosa Höschen, das – wie ich es anziehe – kurz und locker um meinen Körper schlappert. „So was alles soll ich anziehen?“ – am Rand ist es rosa umhäkelt, fein und kaum sichtbar. „Ja, – Mädchen oder nicht?“ sagt sie lächelnd. „ . . . dieser Hüfthalter würde doch reichen, oder?“ sage ich zögernd. Immerhin ist er länger als das Höschen, reicht runter bis fast ein Drittel meiner Schenkel, wie ein enger Schlauch, schon recht eigenartig. Ich bin unsicher, was hier das Richtige ist. „na, meinetwegen, sieh zu was du magst,“ sagt Susanne.

Dann ein weißer Unterrock mit Spitzen unten dran – alles so wie Susanne es hat. Eigentlich ein Unter-Kleid, das an den Schultern hängt und nicht an den Hüften. Und dann endlich das obere Kleid, ein langes, weites Kleid fast bis an die Knie, ein Handbreit länger als das Unterkleid. Und ein dunkelgrünes Tuch um den Hals. Und wenn ich als Mädchen zur Schule ginge, müsste ich noch eine Schürze umbinden, ist so.

Das ist nun das Eigentliche, das eigentlich Mädchenhafte. Das Kleid ist einfach grau, „Wanderkleid“ sagt sie. Nur der breite Kragen ist – wieder – rosa umhäkelt. Das Kleid ist unten herum weit und wird später im Wind wehen. Doch das Weite hat einen weiteren Sinn, den werdet ihr noch entdecken. Oben ist das Kleid wie eine Bluse, die Hüfte schlank, doch ab der Hüfte weit, und ein Gürtel hält es zusammen. Oder ist der nur eine Zierde? Ich hänge noch ein Täschchen an den Gürtel – das ist eher Jungens-Sitte oder Männer-Sitte. Denn im Kleid sind keine „Hosentaschen“, und einen Platz für Taschentuch und Portmonee und Taschenmesser und Gefundenes muß man ja haben.

„Geh mal hin und her, ob es dir steht.“ Stehen? Denke ich, es ist doch einfach ein Kleid. „Und sieh dich im Spiegel im Flur an.“ Da muß ich mich erst dran gewöhnen, an das Gehen im Kleid, also ohne Hosen – komme mir irgendwie nackt vor. Überhaupt die ganze Kleidung: die Strümpfe, die Strumpfhalter, die sich spannen. Die Luft zwischen den Beinen, da wo die Strümpfe nicht sind (also auch nicht dieser Mädchen-Hüfthalter), also ganz oben. „Das ist nun dein Wanderkleid, ist das richtig so? Ein richtiges Wanderkleid, das hat Mutti mir mal genäht, doch nun ist es mir zu kurz geworden.“ Denn Susanne ist ja länger als ich.

Verlegen halte ich das Kleid mit der Hand runter, zwischen den Beinen fest – wegen des Windes.

Dann gibt sie mir noch Anweisungen, wie das zu tragen ist: „Du mußt immer aufpassen, daß dir niemand unter das Kleid sehen kann.“ „Und warum nicht?“ „Na, ist doch klar, weil man deine Unterwäsche und die Strumpfhalter nicht sehen darf. Das ist einfach so, alle Mädchen passen da auf, und schämen sich, wenn es doch mal passiert.“ „Das stimmt ja gar nicht, wie oft kann man da drunter sehen,“ sage ich. Doch erst mal soll ich mich so hinsetzen, daß das Kleid ordentlich auf dem Stuhl liegt und man – eben! – nicht druntersehen kann. Ein wenig schwierig, denke ich, aber ich will das ja alles lernen.

„Sieh noch mal in den Spiegel. Ist das alles so wie du es möchtest?“ In dem Moment schaltet sich etwas in mir um, wie ein Lichtschalter. Da fühle ich mich plötzlich sehr wohl, alles ist schön  und in Ordnung. Es blüht auf in mir, mein Gesicht wird zum Lachen, ich werfe die Arme hoch und freue mich riesig über das wie es nun so ist: diese wunderbare Mädchenkleidung. Ich merke, daß ich das schon immer wollte, aber nie wagte zu sagen, kaum wagte, es auch nur zu denken. Lachend tanze ich umher und lasse das Kleid schwingen. Susanne steht staunend da. „Das ist doch etwas Wunderbares! Ich wollte es schon immer, aber es ging irgend wie nicht.“ Wirklich sehr froh fühle ich mich – obwohl ich noch immer Angst habe, das auf der Straße zu zeigen, meine mädchenhafte Kleidung und meine Fröhlichkeit. Auch Angst vor dem Wind, und dauernd das Kleid festhalte, obwohl wir im Haus sind.

Vier Mädchen kommen an und werfen ihre Rucksäcke in den Flur. Es ist ja Herbst, und wir alle haben eine Windjacke und Pullover mit. Und Wanderkleider ähnlich wie meins tragen sie alle. Nicht bunt sondern in gedeckter Schlichtheit, eben Wanderkleider.

Eine dicke Decke ist außen auf die Rucksäcke aufgeschnallt, und ein oder zwei Zeltbahnen darüber, gegen Regen. Ich stehe rum und weiß nicht, wie ich mich bewegen soll, mit all dem Ungewohnten, in dem flatternden Kleid und den langen Strümpfen, und der kühlen Luft zwischen den Schenkeln. Über die Füße tragen wir noch wollene Socken, Fußwärmung, außerdem ist es ein wenig Mode: derbe Stiefel mit Nägeln an den Sohlen, Socken, die langen Strümpfe, wie bei vielen Jungen auch, das sieht sportlich aus. Die Strümpfe der Mädchen sind viel länger als meine, sie sind wie meine beige oder braun – dicke Baumwolle, höre ich. Meine sind oben mit den bekannten glänzenden Drahtösen festgemacht (anders als auf der Zeichnung oben sondern wie Bild 4) an klein-fingerlangen, weißen, breiten Gummibändern, die Strumpfhalter, die am Hüfthalter angeknöpft sind. Aber das können andere Leute nicht sehen, interessiert ja nicht, ist hoch unter dem Kleid. Doch später sehe ich, daß zwei Mädchen zwei Knöpfe am Strumpf haben, eher Kinder-Art, und die brauchen die Draht-Dinger nicht. Susanne ist das eine. Und mir gibt sie diese „erwachsenen“, oh! [ich beschreibe das hier so genau, weil diese Kleidung heute, um 2012, nur noch wenigen Menschen bekannt ist, und selbst ich mir alles wieder selbst-erklärend vor Augen führen muß, damit alles in meiner Erzählung zusammen passt]



Bild 3.
später, nach der Rhön-Wanderung zog ich zeitweise 
einen richtigen Strumpfhaltergürtel an,
patenter als der Hüfthalter

Bild 4.
so sehen die Drahtösen aus,
mit denen wir die feineren 
Strümpfe (Baumwolle, Nylons) anklammern

Loswandern, erst zum Bahnhof, Fahrkarten gekauft, hoch zum Bahnsteig, der Zug kommt mit seiner dampfenden, schwarzen Lokomotive. Aus dem Lok-Fenster schauen die zwei Fahrer und winken uns zu – „sie mal, so schöne Mädchen, die wollen wandern.“ Ihre Gesichter sind verrußt, die Augen fröhlich. Diese Augen machen mir Mut. Wir klettern die zwei Stufen zum Waggon hoch, und ich habe Scheu, daß mein Kleid hochfliegt. Doch die anderen halten ihre Kleider geschickt runter, und ich lerne von ihnen  . . .  das waren die Anfänge des Lernens.


Bild 5.
Einsteigen im Rock bei wehendem Wind

In Fulda angekommen, der Bahnsteig noch vom Krieg verletzt, kein Glasdach darüber, nur die eisernen Gerüste für die Scheiben. Doch es regnet ja nicht, und da ist das Dach heute nicht nötig, das der Krieg zerdeppert hat. Wir lachen fröhlich und lassen uns von einem jungen Mann erklären, wie es rauf zum Petersberg geht, von wo die Wanderwege in die Rhön abgehen. Da oben steht auf einem noch höheren Berg eine Kirche, doch wir besuchen nicht Kirchen, wenn wir Landschaft sehen wollen.


Nun will ich euch nicht so viel von der Rhön erzählen, dieses soll ja kein Reiseführer werden. Sondern von den Erlebnissen, die wir fünf MITEINANDER haben. Und wie diese Kleidungsart auf mich wirkt, wie mein neues Mädchen-Sein für mich ist. Außerdem kann ich mich heute, wie ich dies nach Jahrzehnten aufschreibe, nicht mehr an die Einzelheiten in der Rhön erinnern. Nur dies: die Rhön ist übersichtlich.


Den Weg rauf zum Petersberg gehe ich hinter den anderen. Ich sehe wie die Kleider wehen – und mein Kleid weht auch so freudig – und die Zöpfe wehen – schade, daß ich keine Zöpfe habe, das würde noch fehlen. In einem Laden kaufen wir uns noch Nahrungsmittel, die uns fehlen: Äpfel, Schwarzbrot, Butter, Marmelade, etwas Käse und ein paar Wurstscheiben, Kartoffeln, Zwiebeln, was es so gibt. Die Frau hinterm Ladentisch bewundert uns, daß wir so allein wandern wollen. „Seht euch nur vor, in der Rhön sind auch ein paar Riesen und Zwerge unterwegs,“ sagt sie lachend. „Und was tun die?“ frage ich verängstigt. Alle lachen, und sie weist auf ein gemaltes Bild von Riesen und Zwergen und ein paar verängstigten Menschenkindern an der Wand. Manchmal neige ich zum Verängstigt-Sein, und diese lose Kleidung verführt mich noch mehr dazu, ich fühle mich nicht so stark wie diese Mädchen um mich. „Ihr solltet euch jede einen dicken Knüppel nehmen.“ Das tun wir denn auch.

Wie wir weitergehen passiert etwas: es wird unter meinem Kleid locker, irgend etwas stimmt nicht, die Strümpfe rutschen, und mein Hüfthalter wird von ihnen runtergezogen – von einer unbekannten Kraft – und ich weiß nicht was los ist. Da merke ich: der Hüftgürtel hat sich geöffnet. Und rutscht und hält nichts mehr. Was sollte ich nun tun? Ich bleibe zurück und fange fast an zu weinen. Da kommt Susanne zurück und will mir helfen. Oh, ist das peinlich, wir stellen uns in einen kleinen Gang zwischen Häusern und ich hebe mein Kleid hoch und sie hakt meinen Hüfthalter wieder zu. Die Häkchen waren lose und  hielten nicht mehr zusammen. Und alles bringt sie wieder einigermaßen in Ordnung. „Das sind so die Risiken, mit denen wir Mädchen manchmal zu tun haben. Da machst du gleich die richtigen Erfahrungen, lernst, wie es uns ergehen kann,“ und sie küsst mich kurz auf die nackte Haut oberhalb des Strumpfes bevor sie Unterkleid und Kleid wieder fallen lässt. Und es wird wieder etwas wärmer unter der Unterwäsche.

Abends, bei der ersten Nacht-Stelle nähen wir die Häkchen fester.

Johanna sagt, „da oben bei der Kirche ist ein Nonnenkloster. Irgendwie habe ich Lust, mal Nonne zu sein, oder wenigstens Jung-Nonne, denn ich weiß ja nicht, ob ich das immer will, im Kloster leben.“ „Dann kannst du aber nicht mehr so kurze Kleidchen tragen,“ meint Petra grinsend, denn Johanna´s Kleid bedeckt nur eben ihre Knie. „Also, so kurz ist es nun wirklich nicht, meine Knie kannst du nicht sehen.“ „Doch, wenn ein Windstoß kommt  . . . und dein Unterrock blitzt immer wieder mal  . . .  ist eigentlich schön so. Doch Nonne?“

Wir wandern weiter, den Petersberg wieder hinunter, Richtung Rhön, die Berge sind schon zu sehen, und die großen Wälder. In einem Dorf kommt ein großer Hund gerannt und bellt, und wir fürchten schon gebissen zu werden, Löcher in die Kleider zu bekommen. Wir bleiben ganz ruhig, und er verwandelt sich schnell in einen lieben Freund, der einfach nur beachtet werden will, und gestreichelt, denn er gräbt mir seine nasse Nase unter die Hand. Und dann versucht er unter mein Kleid zu schnüffeln, doch das lasse ich nicht zu, geht mir zu weit, so viel Mädchenrisiko will ich nicht.

Weit hinter dem Dorf sind Wiesen und ein Bach mit langen Baumreihen an den Ufern. Der Bach sehr gewunden, und wir finden eine Bachbiegung, die im Bogen einen kleinen Platz einschließt, auf dem wir nun lagern. Umgeben von Bäumen, Erlen und so. Das Wasser plätschert und rauscht, und an einer tieferen Stelle könnten wir baden, denken wir, aber jetzt nicht. Erst müssen wir uns aneinander gewöhnen bevor wir uns miteinander ausziehen, „ . . .  nackt-Sein ist doch etwas Besonderes; soll was Feierliches sein. Gut vorbereitet mit den Gefühlen,“ sagt Susanne.

Wir machen uns ein kleines Lager, sammeln ein paar dicke Steine aus dem Bach und machen ein Feuerchen. Wollen Kartoffeln braten. Hier ist es gemütlich, und kein Wind weht herein in unsere „gute Stube“. Ich ziehe meinen Hüfthalter aus, und Susanne repariert die Sache mit den Häkchen. Das ist nun eine sehr mädchenhafte Begebenheit: mich so weit ausziehen. Und alle sind irgendwo in der Umgebung und könnten es sehen, doch sie sind nicht interessiert – gegen meine Befürchtungen. Und alles wieder anziehen und die Strümpfe anknüpfen, sehr intime Gefühle. Ist das Intime das Mädchenhafte?

Wir haben uns auch einen kurzen Feldspaten mitgenommen, damit wir für unsere Kacke ein Loch graben können – es wäre zu unfein, wenn das alles im Wald rumliegen würde. Ich muß erst lernen, so wie die Mädchen das Kleid hochheben und mich dann hinzuhocken. Auch zum Pinkeln, nicht wie ein Junge im Stehen.

Nachher schlafen wir etwas in der Sonne, und dann wandere ich allein am Bach entlang. Irgendwo ist eine Beton-Brücke mit altem Eisengeländer, ich lehne mich auf das Geländer und beobachte das Fließen des Wassers und sehe Forellen. Dabei weht mir leichter Wind unter das Kleid, und ich entdecke, wie wohltuend das ist, der „liebende“ Wind auf der nackten Haut, der Bach-Wind mit seine zarten Händen. Da wo Susanne vorhin hingeküsst hat. Langsam verstehe ich ein wenig, warum manche Mädchen so besonders gerne Rock oder Kleid tragen, und lange Strümpfe, aber keine langen Hosen. Und weil manche Jungen das auch gerne möchten, heimliche Sehnsüchte.

Dann bauen wir zum ersten Mal das Zelt auf, knöpfen die Bahnen zusammen und hängen das Ganze an Seilen an die Bäume. Dauert lange, bestimmt eine Stunde, aber es macht Spaß, wir arbeiten ja zusammen, und das ist gut. Wir sammeln trockene Kräuter und Laub am Waldrand und legen das unter unsere Decken.

Dann baden wir endlich, an einer tiefen Stelle im Bach, alle nackt ins Wasser. Nur zwei Mädchen  behalten ihre Büstenhalter an, warum verstehe ich nicht, denn  ich lasse mir mein Leibchen nun auch ausziehen (das letzte Mal in diesem Leben – Ende des Kindseins). Susanne und ich sind ganz ohne Scheu miteinander, doch einige andere drehen uns den Rücken zu wie sie sich ausziehen und gehen ins Wasser, so daß wir sie nicht ganz nackt sehen können. Doch später werden sie freier. Und ich sehe, daß sie alle ein paar oder viele Haare haben, da schäme ich mich zuerst meiner Haarlosigkeit. Und fühle mich bald nun doch wieder recht als Kind. Das ist aber ein warmes Gefühl, gerade mit diesen Mädchen. Ich empfinde etwas Mütterlichkeit von ihnen, und das tut gut. Ich freue mich, Kind zu sein und diese mädchenhafte Mütterlichkeit anzunehmen, ohne Scham oder Verlegenheit. Da habe ich eine Erinnerung an meinen Großvater, der mal sagte: „du bist Kind, sei ganz Kind, das bist du jetzt gerade, und das ist schön und richtig. Du mußt nicht wo anders hin, mußt nicht Mann WERDEN. Bist zwölfjähriges Kind!“

Nachts ziehen wir unsere warmen Nachthemden an, alle, und wickeln uns in die Decken im Zelt, dicht aneinander. Die Hemden sind aus einem dicken Stoff, deswegen warm. Da liegen wir nun zusammen, und zuerst ist es noch recht unruhig, es gibt immer wieder etwas zu erzählen. Vorher aber machen wir nochmal ein Feuer und sitzen lange daran, nur im Nachthemd und in eine Decke gewickelt, es ist eine warme Nacht. In der Nacht hören wir ein unheimliches Gebrüll im Wald, da sind nun die angesagten Riesen, denke ich ängstlich und zitternd und bin froh, mit den anderen im Zelt versteckt zu sein. Doch eines der anderen weiß, daß es Hirsche sind, die jetzt ihre „Brunft“-Zeit haben.

Am nächsten Tag stehe ich früh auf und freue mich meiner Nacktheit in der Morgenkühle, renne umher und recke mich. Zwei Tage danach trägt keines der Mädchen mehr einen Büstenhalter beim  Baden.  

Später kommen ein paar Kinder vorbei und spielen am Bach. Da ist ein Junge von vielleicht sieben Jahren, der schreit plötzlich, „oh weh, nun habe ich mir in die Hose gekackt,“ und weint laut vor Schreck und Scham. Ihr Dorf ist gewiß eine halbe Stunde entfernt, und so mag er nicht gehen. Ich kümmere mich um ihn, ziehe ihn aus, er tut ganz hilflos und findet meine Hinwendung angenehm, merke ich. Ich bin auch noch nackt, und wir gehen zusammen ins Wasser und ich wasche ihn. Und seine Hose, die ich dann in Wind und Sonne hänge zum Trocknen. Der Kleine läuft nun mit uns nackend umher, nur im Hemd. Ich fühle mich sehr gut hiermit, angenommen und weich, von Kind zu Kind, und fühle, daß dem Jungen das auch gefällt. Und seinen größeren Geschwistern auch, die dabei sind.

Drei Tage bleiben wir in der Bachbiegung. Niemand kommt, niemand stört uns. Nur die Kinder kommen nochmal und beschenken uns mit ein paar frischen Brötchen – „als Dank von der Mutter,“ sagen sie, „frisch aus der Röhre.“

Einmal wandern wir in der Umgebung umher, da kommt ein schneller Regenguß. Es regnet heftig, zum Glück nur ein paar Minuten. Ich hatte meine Windjacke an, aber einige nur ihr Kleid. Voller Schrecken halten sie erst ihre Hände auf die Haare, doch dann tun sie etwas, das mich sehr erstaunte: sie stülpen ihr Kleid hoch und über ihren Kopf. Nur im Unterrock gehen sie weiter, lachend und wie vorher miteinander schnatternd. Wenn ich mir vorstelle, ich hätte das getan, oh, das wäre über meine Grenzen gegangen.


Marianne möchte gerne mehr in die Landschaft sehen, und wir wandern weiter: irgendwo ein Waldrand am Berghang. Dort unser nächstes Lager. Petra dichtet dauernd Gedichte, und deswegen nennen wir sie Poetra. Wieder knüpfen wir unsere Zeltbahnen zusammen, mit den dünnen Blechknöpfen. Nachts schlafen wir wenig, denn der Mond scheint sehr hell vor uns. Meistens liegen wir dicht nebeneinander und sehen auf die Wiesen unter uns, leicht mit Nebelfetzen überzogen. Es ist sehr still, bis wir ein leichtes Grunzen hören, und ein paar Wildschweine erscheinen auf der Wiese. Unheimlich, und wieder bekomme ich Angst, doch Johanna sagt, wir müssen einfach still sein. Dann haben die auch keine Angst. Und wir beobachten, was sie alles machen, im Grunde wühlen sie nur die Wiese auf, was den Bauern bestimmt nicht begeistern wird. Dann ziehen sie weiter – mit ihren Kindern, den Frischlingen. Auch Kinder, wie wir, die Menschen-Kinder.

Hier bleiben wir drei oder vier Tage, und auf den kleinen Spaziergängen in die Umgebung sehen wir auf einem Berg ein Schloß mit einem spitzen Turm, von dem ab und zu Glockentöne kommen. Jemand sagt uns, daß das eine Schule für Jungen ist. Sie wohnen da auch. Ein Internat.

Und dann treffen wir einen Mann, der läuft, ein Sportlehrer, der übt laufen. Vielleicht damit er immer besser ist als seine Schüler, doch das gelingt ihm nicht, wie er sagt. „Wenn sie erst 15  sind, werden sie Junge für Junge schneller und ausdauernder als ich.“ „Ist Ihnen das unangenehm?“  „Nein garnicht, das ist ein großer Genuß, zu sehen, wie sie wachsen und stärker und schneller werden, schneller noch als vor einer Woche.“ „Wo wohnen Sie?“ „Nicht im Schloß wie die anderen Lehrer. Ich habe ein Häuschen hier im Wald. Mögt ihr mich besuchen?“

Wir mögen. Und nach zehn Minuten sehen wir sein Häuschen unter hohen Bäumen, und etwas entfernt einen Blumengarten. Und ein Klohäuschen, eine winzige Bretterbude. Er ist Lehrer in dem Internat auf dem Schloß.

„Zur Feier unseres Treffens möchte ich euch ein Konzert vorspielen. Doch zuerst mache ich uns Tee, Kräuter? Oder schwarzen?“ Da er Zucker und Milch bereit hält, wählen wir alle schwarzen, aber schwach, bitte. Er hat ganz feine Tassen, und statt Milch bietet er Sahne an, „Schafsahne, wie die das in Ostfriesland haben, immer. Hinter dem Wald stehen zwei Schafe von mir, und da  . . . “

Wir setzen uns auf seinen Teppich während er in der ganz kleinen Küche den Tee bereitet. Ein schöner, bunter Teppich, „ja, aus Persien, habe ich mir da gekauft auf einer meiner Reisen in den 30er Jahren.“ Und dann: „ich habe hier einige schöne Schallplatten, klassische Musik, darf ich euch mein Lieblingskonzert vorspielen?“ Während wir miteinander wanderten, haben wir bemerkt, daß wir alle Liebhaber der Klassik sind und sagen alle ja. Das kommt von unseren Schulen, wo wir, manchmal gemeinsam in der Mädchenschule oder in unserer, Konzerte hören, mit liebevoller Einführung durch unseren Musiklehrer, Herr Haberland, für beide Schulen.

Herr Penneckendorf, wie der Herr heißt, freut sich sehr. Da er dankbare Zuhörer hat, besonders, wie er sagt, so junge Leute. „Hier habe ich das Violinkonzert e-moll von Felix Mendelssohn-Bartholdi. Viele große Komponisten haben tatsächlich nur ein großes Violinkonzert geschrieben, Beethoven, Mendelssohn, außer Mozart und Bach.“ und Tränen kommen ihm, wie er das erzählt, und er legt die Nadel auf die Platte. „Die Geige wird von Wolfgang Schneiderhan gespielt, ein ganz großer Meister in meiner Sicht.“ Das Konzert beginnt, und er ist so sehr gerührt, daß ihm immer mehr Tränen fließen. Wir kennen das Konzert alle durch Herrn Haberland, und lassen uns ganz hineinfallen. Wie der erste Satz zuende ist, sind alle Gesichter naß. Es ist eine so großartige Schöpfung!

Herr Penneckendorf ist sehr dankbar. Nach dem Ende des Konzerts gehen wir still raus zum Zeltplatz. Wir hören ihn noch schluchzen wie wir leise die Tür schließen. Am nächsten Morgen kommt er und trinkt mit uns einen Tee und sagt, „ich bin so dankbar für eure Hingabe.“ Lange sieht er mich an und sagt dann, „du bist doch kein Mädchen, oder? Ich weiß doch wie Jungen aussehen. – Es ist gut, wenn Jungen diese weiche und sensible Art des Mensch-Seins auch kennen lernen und vielleicht in ihr Leben hineinnehmen – und große Künstler werden. – Und uns grobe Mitmenschen von den Feinheiten des Lebens etwas mitgeben – du solltest auch Violine spielen, kannst du etwas? – Ich sehe die Violine in deinen Armen. – Bei uns in der Schule sind zwei Jungen, die gerade eine Wanderfahrt machen und sich dafür Mädchenkleider angezogen haben. Sie müssen bald zurück sein, ich beobachte sie still aus der Ferne, ob auch alles richtig läuft.“

Still sitzen wir eine Weile, und dann sagt Herr Penneckendorf, „Mädchen, Frauen, haben eine sehr große Aufgabe ins Leben mit bekommen. Die Feinheiten, die Kultur, die Liebe ins Leben zu bringen. Es scheint, daß Männern das nicht so leicht fällt – außer einigen ganz großen, wie Mendelssohn.. Wir in der Schule da oben geben uns so viel Mühe, doch so viele Jungen sind bereits in ihrer Kindheit verdorben worden. Der Krieg zieht noch immer seine Spuren.“

In seiner Hütte zeigte er uns einen Bildband von einem Maler, „den sehe ich mir immer an wenn ich dieses Konzert höre, William Turner aus England.– wer noch mehr dazu passt ist Carl Blechen, oder später einige Worpsweder Maler wie Frau Modersohn-Becker, wie ich das fühle.“

„Ich stelle mir dann vor, daß Wolfgang Schneiderhan dieses Konzert im Moor bei Worpswede spielt, und alle Künstler und Bewunderer rundherum sind da, und das schreckliche Munitionslager in Axstedt nahebei wird durch die Feinheit und Tiefe dieser Musik und Malerei einfach zerschmolzen. Und verwandelt sich in eine weitere Künstlerkolonie – mit Malern, Bildhauern, Töpfern, Komponisten  . . .  Diese schöne Paula Modersohn-Becker und ihre Familie  . . . “

Und er gibt uns ein bedrucktes Blatt mit einem Gedicht seines Lieblingsdichters Rilke, und weil es zu uns passt, meint Herr Penneckendorf, wir sollten doch die beiden ersten Verse in unser Wandertagebuch aufnehmen:

Einmal, am Rande des Hains,
stehn wir einsam beisammen
und sind festlich, wie Flammen
fühlen: Alles ist Eins.

Halten uns fest umfaßt;
werden im lauschenden Lande
durch die weichen Gewande
wachsen wie Ast an Ast.

Wie er uns das Blatt gibt und vorliest, denke ich wieder an das Konzert gestern abend und wieder fließen Tränen – oh wieviele Tränen habe ich wohl noch vorrätig? Mädchen weinen ja viel – aber ich wohl noch mehr. Und lachen kann ich auch mal, im schnellen Wechsel.


Bild 6.
Am Ende der Wanderung macht Marianne ein Foto,
ihr seht von links:
Petra, Dorothea, Johanna, Susanne, Stefan, 
Susanne´s Mutter hat nach dem Foto dieses gezeichnet,
sie hat unsere Kleider etwas frech gekürzt
Ihr seht, ich bin kein Mädchen
- bin etwas verschlampt,
 meine Strümpfe sind verrunzelt.
Und ein Mädchen würde nicht so stehen.

Marianne ist die Größte von uns. Sie sagt, „nun bekomme ich meine Blutung. Nun werde ich vielleicht unleidlich sein. Bitte nehmt mir das nicht übel. Das ist ein wenig schwierig.“ Und sie zieht sich ihren Schlüpfer an und legt eine „Binde“, wie sie sagt, hinein. Das ist etwas sehr Mädchenhaftes, was ich selbst nie erleben kann. Sie ist so lieb und zeigt mir das Blut in der Binde. Ich stelle mir vor, daß aus meinem Glied Blut käme, doch ich weiß, das wird nie geschehen. Später vergraben wir die blutige Binde feierlich an einer schönen Stelle, und Marianne sagt, wir könnten ein wenig beten an dem Ort, und sie will sich von ihrem Blut verabschieden. Und es solle dem Waldboden zum Segen sein, ihm Fruchtbarkeit für schöne Blumen und süße Beeren geben.


Ich wandere ein wenig umher, und im Wald finde ich einen Fuchsbau, vor dem ein paar junge Füchse spielen, Welpen nennen die Förster die ja. Sie sind sehr vertraut und verschwinden nicht in ihrem Bau wie ich komme, ich hocke mich still auf den Boden und sehe einfach zu. Der Boden um den Bau ist staubig-lehmig von der hinaus geschafften Erde, ich fürchte um die Sauberkeit meines Kleides und raffe es hoch und setze mich so hin, mit nacktem Po, mein Körper spürt die Erde und kommt ihr sehr nahe. Es ist als wenn Strahlen aus der Erde in mich einströmen, mit dem Einatmen, und dann mit dem Ausatmen wieder zurückströmen – alles weil ich nackt auf der Erde sitze. Starke Verbindung mit der Erde, ich und die Erde.

Nichts weiter geschieht bis ich langsam aufstehe und weitergehe. Ich klopfe meinen Po und Hüfthalter ab und das Kleid fällt wieder runter, und ich bin froh, daß es sauber geblieben ist, denn auf der Reise können wir unsere Sachen nicht so gut waschen. Ich habe schon, seit ich bei Susanne die Mädchensachen anzog, keine Unterhose mehr an, wäre nur lästig und unnötig unter einem so langen Kleid – wie eines der Mädchen sagt, und sie alle haben sie ausgezogen – außer Marianne, wie ich eben schrieb.

Ja, Förster: einmal treffen wir den Förster Kirchner, der hier sein Revier hat. Sein Sohn ist etwa unseres Alters, der Götz, und begleitet ihn. Und geht mit uns auf ein paar Stunden und zeigt uns ein paar seltene Bäume und Büsche und Blüten und Früchte, die wir essen können. Und etwas Besonderes: Da ist eine Gerätehütte am Waldrand, mit Stroh gedeckt. Das Dach ist weiter als die Hütte und reicht über eine Art Sitzplatz, doch da stehen Geräte wie Äxte, Sägen  . . .   Götz zeigt nach oben auf die Unterseite des Strohdaches, da ist in das Stroh ein Vogelnest gebaut, allerdings zerrissen. „Ein altes Zaunkönig-Nest. Da war mal was in diesem Sommer: Ein Kuckuck-Küken saß darin, hatte die kleinen Zaun-Prinzen alle rausgeschmissen und hatte es nun gemütlich, wurde von den fleißigen Zaunkönigseltern gefüttert, die am Ende gewiß so enttäuscht waren, daß sie nie wieder  . . . “

„Dieses große Biest in dem kleinen Nest, er hat das feine Nest-Gewebe richtig gesprengt, muß hinterher selbst zu Boden gefallen sein.“

„Wir haben uns gefragt, wie die Kuckucksmutter das Ei in das Nest gebracht hat. Ich kann mir nur vorstellen, daß sie das Ei erst auf den Boden gelegt hat – wahrscheinlich unter großem Geschrei der Zaunkönigseltern. Es dann in den Schnabel genommen, hoch geflogen und sich kopfüber an die Unterseite des Daches gekrallt und das Ei in das Nest gelegt. Anders geht es nicht.“ Und Götz erzählte uns noch  manche Geschichten von den Tieren der Wälder.
[So habe ich das 1955 wirklich gesehen in den badischen Rhein-Auwäldern.]


In einem Dorf gibt es Postkarten, und dabei ist ein Bild von einer in Stein gehauenen Bildtafel, die auf der Milseburg stehen soll, ein Berg, den wir täglich in der Ferne sehen, um den wir sozusagen rumgehen. Auf der Tafel steht in kaum lesbarer Schrift „Sankt Gangolf“, ein Heiliger, und „1835“. Ich musste mir das von einem Erwachsenen vorlesen lassen, so verschnörkelt und altmodisch ist die Schrift. Dort wird ein Ritter dargestellt, der einen Speer hält und ein Schwert umgegürtet hat, und er trägt ein Buch oder sowas. Auf dem Kopf einen Hut mit sehr breiter Krempe – oder ist das sein Heiligenkranz? Das Besondere für mich ist, er trägt einen fast knielangen Faltenrock, oder Faltenkleid. Das ist schön, der Rock weht im Wind und er erinnert mich an meine eigenen Gefühle, die während dieser Tage mit den Mädchen gekommen sind: einen weiten Rock tragen, am liebsten immer. Dann könnte ich immer Mädchen sein, immer glücklich sein.

Dennoch ist er der Heilige der Pferde und Reiter. Im Rock? Geht das? Doch auch der Bildhauer hatte diese Zweifel und zog ihm noch Kniehosen an. Ich jedenfalls fühlte mich berührt von dem Mann im Faltenrock, lieber ohne Kniehosen. Ich sah mal Mädchen in kurzen Kleidern ohne Reithosen reiten, geht also. Und ich stelle mir vor, daß da große Nähe zwischen Reiter und Pferd ist, am besten ohne Kleidung, direkt mit dem Leib auf dem Pferdefell – oder höchstens das dünne Unterhöschen dazwischen. Da erinnere ich mich an ein Gemälde, wo Jungen und Männer auf Pferden ins Wasser reiten, natürlich nackt. 

 
 Bild 7
Ich betrachte den felsigen Berg Milseburg.
So ist meine Wanderkleidung an diesen Tagen,
eine jungenhafte Baskenmütze sitzt auf meinem Ohr.
In Wirklichkeit trug ich viel mehr Gepäck.


Wir wandern ein paar Stunden weiter und finden einen schönen Platz am Waldrand, denn in den Wald hinein möchten wir nicht, man sieht zu wenig. Nicht weit entfernt führt ein besserer Feldweg vorüber, und am zweiten Tag kommen zwei Mädchen auf Rädern vorbei. Wir kommen ins Gespräch, und sie bauen neben uns ihr Zelt auf. Zusammen sitzen wir an unserem Feuer und wir hören – erstaunt –, daß es zwei Jungen sind, die aus diesem Internat auf dem Berg, dem Schloß kommen und auf der Heimfahrt nach langer Wanderfahrt sind. Sie haben etwas gemacht, was ich ähnlich auch gerade versuche: „wir wollten es mal erleben: wie Mädchen gekleidet reisen, in Jugendherbergen und Zelt leben. Es war gut, ein Erlebnis, das uns etwas vom zwanghaften Mann-Sein abgebracht hat. Mädchen haben es besser. Wir möchten nun beides leben – ob das geht?“ Es sind die zwei, von denen uns Herr Penneckendorf schon erzählte.

Sie hatten sich als Mädchen verkleidet und sind zwei Wochen mit den Rädern umher gereist. Etwas verlegen erzählen sie uns von ihren Erlebnissen. Ja, es geht, und sie sind traurig, daß sie nun in die Welt der Knaben und Männer zurückkehren müssen – wie sie sagen –, ihre Ferien sind vorüber, sie können nun nicht mehr ihre eigene Art leben. Morgen werden sie in ihrem Internat wieder ankommen, sagen sie. Und nur als Jungen leben.

Jahre später schicken sie mir einen Bericht ihrer Reise: „Jugendliche Tantra-Erlebnisse“, auch hier zu sehen: http://tantricum.blogspot.com/

Wir sprechen noch darüber, ob wir Jungen nicht lieber Mädchen sein möchten. „So ist das für mich nicht,“ sagt der eine, „ich möchte nur nicht so´n Mann werden wie die meisten, grob und kämpferisch.“ „Mädchenkleider sind so viel schöner als unsere Sachen. Ich suche nach einer Art, Junge und Mann zu sein, wo wir den Mädchen ähnlicher sein können als es üblich ist.“ – Mir geht es wohl ähnlich, und ich bin froh, daß wir hier rüber ins Gespräch gekommen sind. Meine Vorstellungen werden klarer.

Herr Penneckendorf hatte uns noch gesagt, „Junge sein ist etwas Besonderes, das ein paar Jahre danach wieder verschwindet, wenn wir Mann werden.“ Nachdenklich sieht er auf seinen Hände im Schoß, als ob er überlegt, ob er mit uns darüber sprechen kann. „Diese wenigen Jahre muß ein Junge sehr nutzen, ich versuche es den Jungen in der Schule immer wieder zu sagen.“ Er macht eine lange Pause. „Doch die meisten sind schon so sehr in die Vorstellungen gefangen, schnell ein Mann zu werden. Ich nenne das mal Leistungsdruck: ´werde mal ein richtiger und starker Mann!` hören sie so oft, fast von Geburt an, bis es ihr Lebensinhalt geworden ist. Ich finde das sehr schade.“ – „Auf diesem Weg gehen ihnen viele Erlebnisse mit sich selbst verloren. Die sie haben könnten. Und wenn wir erst Mann geworden sind, tut es uns leid, denn dann merken wir erst, daß uns was fehlt. Manche Männer werden dann ein wenig närrisch auf der Suche nach ihrer `Goldenen Kindheit´ wie es oft heißt.“

Ich nehme mir vor, mein Junge-Sein so lange wie möglich zu leben – doch ich weiß, daß mich die Natur in einigen Jahren ins Mann-Serin drängen wird, und bin schon jetzt ein wenig traurig.

Die beiden Mädchen-Jungs erzählen auch von einem Platz in der Nähe, genannt Steinwand. Die sollten wir unbedingt besuchen, ein großer Felsen mitten im Wald. Da kommen wir zwei Tage später auch hin und bewundern das Ding, eine hohe und lange Felswand, die aus lauter Steinsäulen besteht, oben ist Wald, und unten auch. Unten geht ein Pfad entlang, den wir wandern. Ich gehe voran und höre oben auf dem Felsen Stimmen. Bleibe stehen und sehe kurz nach oben, da knallt einen halben Meter vor mir ein kopfgroßer Stein auf den Pfad – oh Glück, daß ich stehen geblieben war. Die Kinder oben rennen schnell weg. Oder waren es ein paar von den angekündigten Riesen?

Wir setzen uns von der gefährlichen Wand entfernt auf ein paar Felsen, die im Wald umherliegen. Die Mädchen sprechen nochmal von den beiden Mädchen-Jungs, „siehst du, auch andere haben solche Wünsche wie du,“ sagt Susanne lachend, „und ich mag dich in deinem Kleid und den Strümpfen. Ist schöner und intimer als eure Jungens-Kleidung. Du bist so offen, und du bist mir viel näher und befreundeter im Kleid – oder ich sage mal, geliebter.“ Mehr und mehr merke ich, daß so ein Kleid mich wirklich offener und klarer macht, auch offener für meine Gefühle, ich entdecke meine sehr intimen Gefühle. Dieses Kleid ist so weit, und es weht oder schwenkt umher. Es schließt nicht ab nach außen, es strahlt auch aus. Ich kann wirklich ICH sein. Gerne fasse ich an den unteren Rand meines weiten Kleides und wehe damit umher, das verstärkt noch diese Gefühle, bringt sie in mein Bewußtsein. Und auch wenn ich über meine Beine streiche, die von den Strümpfen eingehüllt sind: DAS Wohlgefühl! Das alles hätte ich damals nicht so ausdrücken können, aber die Erinnerung der Gefühle blieb mir erhalten, und so kann ich es heute schreiben – noch immer voller Freuden, und trage seit ich 60 bin, nur noch lange Röcke und erdbraune Strümpfe.


Ich will nun noch mehr berichten wie es mir mit diesen Wünschen ergangen ist. Wie ich auf meinem Felsstein sitze, merke ich, wie mein Kleid hochgerutscht ist und alle darunter sehen könnten, wenn sie wollten. Doch es scheint, es ist ihnen egal, jedenfalls eine Zeit lang. Dann zeigt Johanna auf mich und sagt, „man kann ja tief unter dein Kleid sehen,“ und ich sage frech, „wozu ist so ein Kleid denn sonst gut?“ und alle lachen und kichern. Dennoch bleibe ich so sitzen und genieße das alles, etwas bockig. Das findet Susanne nicht gut, kommt und zieht mir mein Kleid runter. Na ja. Doch vorher sieht sie nochmal genau hin, und das ist mir denn zu viel. Erst genieße ich es mal wieder, wie ein Mädchen zu sein. Doch dann verdecke ich mit dem Kleid meine Unterwäsche, schiebe es mit den Händen zusammen – und die Mädchen lachen.

Ein Kleid (oder Rock) zu tragen ist etwas sehr Leidenschaftliches bei mir geworden, in diesen Tagen in der Rhön. Die Mädchen verstehen meine Leidenschaft gar nicht, „das ist doch das aller-Alltäglichste.“ – Vielleicht habe ich eine besondere Körper-Sehnsucht? Der Körper will sich und seine Umwelt spüren und nicht immer eingezwängt sein in feste Hosen und Hemden. Doch wie ist es mit dem Hüfthalter und den Strümpfen, und den Schuhen? Die sind eng. Meine Strümpfe sind dennoch irgendwie locker, sie sind nämlich winddurchlässig, und außerdem liegen sie nicht so dicht am Bein an wie die Perlons der Frauen. Und sie schlagen Falten. Vielleicht sind sie zu groß, oder? Ich spüre sie immer, ich bin sie nicht gewohnt und denke ständig an sie: wie schön ist es, sie an den Beinen zu haben!

Die Winddurchlässigkeit ist großartig. Nun verstehe ich, daß viele Mädchen und Frauen lieber lange Strümpfe als lange Hosen anziehen. Und – viele Beine sehen schöner aus in Strümpfen als nackt. Man kann sie verzieren, indem man die Strümpfe verziert, doch das wird wohl selten getan.

Den Mädchen in diesem Freundinnenkreis ist das nicht so wichtig wie mir, und die Sehnsucht haben sie schon gerade nicht, wie ich sie habe. Sie können´s ja immer haben. Lange Strümpfe und Kleider sind sehr normal für sie, und sie sind Gewohnheit jedes Tages. Da sitzen wir ja oft auf dem Boden, einander gegenüber, und wir ziehen oft die Knie hoch und wickeln die Kleider drumrum. Doch nicht immer ist das so. Das Kleid und das Unterkleid rutschen hoch, und alle können die Unterwäsche sehen. Ich weiß nicht, wie die Mädchen untereinander das finden, jedenfalls sehe ich gerne hin, wenn das so kommt.

Den oberen Rand der Strümpfe und die Halter sehe ich gerne, und ich habe Freude daran, daß die anderen meine sehen, und auch gerne hinsehen, bei mir, wenn sie´s überhaupt tun. Ich stelle mich dar, und habe Zuschauerinnen, die ich mag, und denen ich gerne meine Schönheiten zeige.

Doch manchmal machen die Strumpfhalter mir Probleme: Die Klammern und anderes sind ja aus Metall, und sie drücken in die Haut, was etwas fremd ist. Doch es gehört dazu, denke ich mir, Mädchen-Sein ist eben nicht so einfach.

Die Unterhosen von zwei Mädchen sind so locker wie die, die Susanne mir neulich angeboten hatte. Auf unserer Wanderung ist es oft so, daß  auch sie keine Höschen anhaben (wie ich die ganze Zeit auch), es ist alles zu sehen, wenn das Kleid hochweht, und vielleicht macht ihnen das Spaß, und ich habe mich nicht getraut zu fragen. Die Höschen wären ja doch kein richtiger Blickschutz, bei mir schon gerade nicht, fühle ich, da ist mein Hüfthalter besser. Und ich muß eben mit dem Unterkleid aufpassen, wenn ich nicht will, daß andere druntersehen. Und das will ich nicht – außer in unserer Wandergruppe, wo mir das egal ist. – Das sind alles so Dinge, wenn einer sich in eine so total andere Lebensweise rein gewöhnen will.
Das Größte an dieser Reise ist für mich, diese Kleidung am Körper zu spüren. Nicht daß ich ein Mädchen werden möchte – da ist die Befürchtung meines Vaters irgendwie unwirklich. Aber ich möchte auch nicht Nur-Junge sein, ich möchte das Leben von allen Seiten haben. Und da gehören die Erfahrungen der Mädchen mit IHREN Kleidern dazu. Ich gucke mir ab, was sie haben, und was ihnen gefällt, und ahme es nach für mich. Auch wenn es ihnen nicht immer gefällt, Kleider und Spitzenhöschen zu tragen, so gefällt es mir aber. Und das ist schon was Gutes, oder? Genuß des Lebens, Freude am Leben.

Wenn wir uns aus- oder anziehen, ist mir der schönste Anblick, wenn sie – oder auch ich – die Strümpfe ausziehen oder anziehen. Nicht nur Anblick, ich spüre mit, was da geschieht, wie mein Körper sich sehnt. Oft wird mein Glied dabei steif, und daran haben die anderen sich gewöhnt, manchmal aber necken sie mich, „na, merkst du gar nichts?“ Oh, ich merke es sehr, denn die Empfindungen reichen bis tief in den Unterkörper hinein und sind irgendwie wohlig.


Das sind die Schönheiten, solche Kleidung zu tragen. Auch schon als großes Kind.



Jahre später habe ich mal mit einem meiner Lehrer darüber gesprochen und ihn gefragt, ob wir was falsch gemacht hätten. Er sagte, das sei alles richtig so, auch wenn die Gesellschaft andere Anschauungen habe und uns Jugendlichen ein schlechtes Gewissen machen wolle. „Die Sexualität ist viel mehr als nur für die Fortpflanzung da. Wenn wir sorgfältig und wach damit umgehen – und das habt ihr anscheinend getan –, verschafft sie uns große Genüsse, und Freuden an einander, Mensch zu Mensch.“

Für mein ganzes Leben danach haben mich die Mädchenkleidungen angerührt und angeregt: die bunten und wehenden und losen Kleider, Unterkleider, Strumpfhalter und Strümpfe – und die schönen Höschen mit den Spitzenrändern. Das ist alles nie wieder vergangen in meiner Seele, wenn ich diese Sachen auch nur selten getragen habe, erst im Alter wieder mehr. Das ist meine weit gefasste Liebe, „in Liebe die Welt umarmen“ sagte mal jemand. Meine Liebe strahlt aus weit über diese Tage hinaus, eben in die Welt und in die Zeit. Ich fühle, daß die Mädchen-Kleidung selbst die männlichste Kleidung sein kann. Wenn wir uns dem öffnen. – dem Mädchen in unserer Seele öffnen.


Dann etwas ganz anderes, Tragisches. Abends hören wir in der Nähe einen Schuß, dann noch einen, und ein Hirsch (ohne Geweih, also eine Hirschkuh) kommt angerannt, stürzt aufs Feld, stürzt hin und stirbt, das vor unseren Augen. Viel Blut. Wir rennen hin und wollen helfen, aber da ist sie schon tot. Großes Entsetzen bei allen. Wir hocken uns hin und berühren mit viel Mitleid den Körper des Tieres. Manche fangen an zu weinen, dann alle, weinen vor Trauer und Wut. Dieses schöne Leben, einfach so abgeknallt. Sehr schüchtern kommt ein Mann mit Gewehr aus dem Wald. Ihm ist das alles sehr peinlich. Und er ist auch traurig und betet vor der Leiche, auch er schluchzt. „Ich werde nie wieder ein Tier schießen.“ Und er wirft das Gewehr weit weg.

Und dann in den nächsten Tagen. Wir kommen an einen Hof, aus dem gerade ein Trecker fahren soll. Aus der Einfahrt kommt der Trecker, gesteuert von einem Jungen, der etwas älter ist als wir. Er trägt – doch etwas ungewöhnlich – unter seinen sehr kurzen Hosen lange Strümpfe, und seine rosa Strumpfhalter sehen auch heraus. Er hält an als er uns sieht, und wir sagen, komm doch heute abend zu unserem Zeltplatz, du wirst schon wissen, wo wir übernachten werden.

Er kommt in derselben Kleidung schon eine Stunde später. Und wir weihen ihn ein in unsere Art. Denn wir fragen ihn, wozu er diese langen Strümpfe trage, die nicht so recht jungengemäß seien. „So kann  ich meine kurzen Hosen besser fühlen und erleben. Außerdem werden meine Knie nicht kalt.“ Und sie sind wirklich sehr kurz, und weit, und als er sich zu uns hockte, machte Marianne die sehr freche Bemerkung, „ich kann ja deine ganzen Eingeweide sehen.“

Er weiß, was sie meinte und windet sich in Verlegenheit, aber es ist ihm nicht möglich, seine „Eingeweide“ zu verstecken. Ich zeige ihm, wie es unter meinem Kleid aussieht, und wie meine „Eingeweide“ im Seidenschlüpfer aussehen, den ich an dem Tag – ausnahmsweise – trage, und ihm wird ganz heiß und er meint, „so möchte ich das auch mal haben. – Und dann den Trecker steuern. Oder auf dem Ochsen reiten.“ „Hast du eine Schwester? Leih dir doch mal etwas Mädchenhaftes zum Anziehen.“ „Und dann komm mit uns.“ „Das kann ich zwar nicht, aber heute nacht werde ich hier sein,“ und er verschwindet und kommt nach einer viertel Stunde zurück, im Kleid seiner großen Schwester, und sie kommt auch gleich mit. Beide in Kleid und schwarzen Strümpfen, bäuerlicher Art entsprechend.

Seine Strumpfhalter sind wie bei Frauen üblich – und bei mir –, mit den blitzenden Drahtklammern, doch die Schwester hat einen Knopf an jedem Strumpf und hält ihn mit dem Lochgummiband – etwas einfacher – wie das Mädchen auf dem Bild oben.

Es wird eine leidenschaftliche Nacht am Feuer, schließlich mit unseren Händen unter unseren Kleidern. Und viel freudigem Juchzen, auch von der Schwester. Er sagte, „ich will nie wieder Hosen anziehen – vorbei, versteht ihr?“ Ja, wenigstens ich verstehe. Und die Schwester meint, „was Mädchen doch alles können. Ich will von euch lernen.“ Und sie wird eine gute Schülerin über diese Nacht und noch bis Mittag den nächsten Tag. Der Junge geht schon früh, denn der Trecker muß wieder gefahren werden – im Kleid und langen Strümpfen und Strumpfhaltern – am Kinderleibchen wie wir in der Nacht sahen. „Wie eine junge Bauersfrau,“ meinte er. Seine Strümpfe sind aus schwarzer Wolle oder sowas. Sehr altmodisch scheint mir. Und er trägt nun wie seine Schwester eine bunte Mädchenschürze über dem Kleid. Wie die meisten Mädchen, wenigstens zur Schule.

Vielleicht bin ich zu taktlos. Denn in der Nacht sehe ich etwas genauer unter sein hochgeschürztes Kleid – er hat ja gar keine Haare da, wo ich auch keine habe, doch ich bin ja viel jünger, fast  noch ein Kind, oder wirklich noch ein Kind? Manchmal? „hast du dir die abrasiert“ frage ich. Er nickt und meint, er habe keine Lust, erwachsen zu werden – sagt es in seiner tiefen Jungmänner-Stimme. Passt nicht recht zusammen. Da kommen mir die Gedanken, wie es wohl mit mir weiter werden wird, werde ich mich auch rasieren? Und wird es mir schwer fallen, eine tiefe Stimme zu bekommen? Nein – so wohl nicht, denn da ich nicht Frau sein kann will ich auch kein Kind bleiben, geht einfach nicht.

Nur, als Junge mal Mädchen sein, das ist etwas Besonderes und voller Erlebnisse und Erfahrungen und war mir notwendig, als Erfahrung.


Später schreibt er mir einen Brief, in dem er meint, „ich habe es durchgesetzt, ich ziehe nur noch Röcke an, und sonntags und zum Gottesdienst Perlons darunter, genauso wie meine Schwester. Sie unterstützt mich – auch in der Diskussion mit unseren Eltern. Selbst in die Schule, die ja sehr kirchlich ist, und das gab viele unschöne – und dann auch schöne – Diskussionen. Wieso Kirche dagegen ist, habe ich nicht verstanden, und der Pfarrer konnte es auch nicht richtig erklären – es sei eben unreligiös, sich als Junge wie ein Mädchen zu kleiden, unchristlich. Was würde Jesus wohl dazu sagen, sagte er. Das war mir aber egal, denn mir ist Jesus nicht nahe,“ und legt ein Bild von sich bei:


Bild 8.
Mit den Jahreszahlen stimmt wohl was nicht, war wohl 1943.

Seine Schwester möchte wohl auch mal etwas von sich zeigen und zieht ein Bild aus den Rockfalten, „seht mal, das hat meine Mutter mal von mir gezeichnet, so lang sind meine Strümpfe im Winter.“
Bild 9.
die ganz langen Mädchen-Winterstrümpfe –   
für unterm Kleid zu tragen

Petra nickt, „ja, so habe ich das im Winter auch. Das ist eine schöne Zeichnung, richtig intim mütterlich-töchterlich. Typisch dieses Unterhemd mit den verstärkten Trägern für die Strumpfhalter. Da ist ja ein starker Zug drauf.“ 


In den nächsten Tagen wandern wir bis zum Städtchen Gersfeld, und dort kaufe ich mir ein paar Perlons, denn das ist das Höchste an Mädchenkleidung, sie sind teuer, doch ich habe einiges Geld in meinem Täschchen. Und ziehe sie in aller Anwesenheit an, an eine Bank in der Nähe des „Lausjongebronn“ gelehnt, und genieße das Gefühl meiner Hand auf den neuen Perlon-Knien, die Blicke der Mädchen auf meine Knie – und auf meine Art, die Strümpfe anzuknüpfen –, der Hände der Mädchen auf meinen Knien. Sie helfen mir – nicht weil ich es nicht könnte sondern weil wir so vieles in Freundschaft zusammen machen, wir sind nun wie eine kleine Familie. Da habe ich mich nun ausgerechnet am Lausejungenbrunnen hingesetzt, passt zu meiner Tat, die Mädchen nachzuahmen. Ist das Lausejungen-Untat? Mein Vater würde das wohl so sehen. Um das nicht so auffällig zu tun, stellen sich die Mädchen um mich, denn eigentlich sollte ich mich schämen, in aller Öffentlichkeit  . . ., sollte, aber da ist nichts an Scham.

Ich kaufe mir die kleinsten Perlons, die sie haben, aber sie sind mir immer noch zu lang, und ich muß sie oben noch zusammenschieben. Dennoch sitzen sie nicht so stramm, wie es gedacht ist. Schlagen Falten, und ich weiß nicht, was ich davon halten soll, ist nicht korrekt, wie meine Mutter sagen würde. Doch es fühlt sich gut an.


Bild 10.
zusammen geschobener Rand
der Perlonstrümpfe (weil sie mir zu lang sind)

Später wandeln wir noch in dem Städtchen umher, es ist etwas kühl, und ich fühle die Kühle durch die Strümpfe, sie sind eben doch dünner als die Wollstrümpfe unserer Wanderung. Ich mag die Kühle auf den Beinen, ist ein wohlig-kühles Beingefühl.

Ich habe einiges Geld übrig (genau gesagt hatte mein Vater mir das mitgegeben, um den Mädchen was Schönes zu kaufen, wir Männer für die Frauen, wie er sagte, und Mutti rümpfte etwas die Nase: „verkrampfte Ritterlichkeit“) und schenke jedem Mädchen unserer Gruppe auch ein Paar Perlons, aus reiner Dankbarkeit und weil es so schön aussieht, und damit wir alle ähnlich aussehen. Sie suchen sich die Farben aus, es gibt aber nur beige, braune und schwarze, alle wollen die braunen, dickere oder opak wie es heißt. Man kann nicht durchsehen. Und so war auch meine Wahl.

Und für zwei von ihnen, die nicht so gut ausgerüstet sind, kaufen wir für ihre Haltergürtel solche Drahtschlaufen an den elastischen Haltebändern (wie auf dem Bild oben), und wir ziehen morgens alles genußvoll an – oder sehen genußvoll zu. Denn an Perlons kann man keine Knöpfe annähen, sie sind zu fein, man kann nur die Schlaufen nehmen.

Und zwei brauchen für die Perlons auch Haltergürtel. Solche Gürtel kann man nicht einfach so kaufen, sondern man muß sie anprobieren, und vielleicht muß eine Schneiderin sie anpassen. Das geschieht nun, und sie sagen, wir sollen alle mitkommen in die Werkstatt. Da müssen die beiden sich ziemlich ausziehen, und die Frau nimmt Maß und ändert dies und das an ihrer Nähmaschine. „Mit Löchern für eine Schnur zum Verengen und Riemen zum Anpassen, denn ihr müsst sie verändern können, je nachdem wie ihr wachst.“

Ich brauche so einen „Strumpfhalter-Gürtel“ nicht, weil mein Hüftgürtel als Halterung ausreicht. Besorge mir Monate später aber einen, so einen wie ihr oben auf dem Bild 3 sehen könnt.   

In Gersfeld gehen wir über Nacht in die Jugendherberge, denn wir können die Gürtel erst am nächsten Morgen abholen. Die beiden ziehen sie morgens an und sind nun mächtig stolz auf ihr Frau-Sein, „denn erst mit Perlons und Strumpfhaltern sind wir echt Frau,“ sagt Marianne. Das ist auch ein Wink an mich: „nun hast du also auch die ganze Ausrüstung, mit echten Perlons.“ Ich will´s genießen ehe es vorbei ist. Auf der Rückseite der Beine haben die Perlons einen dünnen, dunklen Streifen, von oben nach unten, sieht extra-elegant aus, denken wir. Während der ganzen Wanderung trugen wir Strümpfe aus Wolle (später höre ich, das war Baumwolle), warm, doch nun in den Perlons ist es an den Beinen etwas kühl, fühlt sich etwas sportlich an, denke ich, fast wie in kurzen Hosen mit nackten Beinen. Meine Beine genießen das. Dazu Socken für die Füße, ist gerade modisch.

Von Gersfeld aus fahren wir wieder nach Hause, und wir wollen im Zug doch ein wenig vornehm sein, ich als Mädchen natürlich auch, deswegen die Perlons. Den Rauch der Lokomotive mochte ich nicht auf meiner Kleidung, schon gerade nicht auf meinen Strümpfen, doch in den Tunneln drang er in das Abteil ein, nicht schlimm, aber doch riechbar, und ein wenig rußig auf weißem Stoff.

Das Einsteigen ist hier schwieriger als am Beginn der Reise, denn die Waggons ab Gersfeld sind höher, drei Stufen, weil der Bahnsteig so niedrig ist. Nun kann ich aber gut damit umgehen, wenn das Kleid zu fliegen beginnt, im Wind – nun  kann  ich besser damit umgehen als vor 14 Tagen, und ich schäme mich nicht mehr, wenn das Drunter zu sehen ist. Denn ich stehe zu meinem rosa Rüschen-Unterkleid und Strumpfhaltern. Vielleicht können die Leute sogar noch mehr sehen, ganz kurz natürlich, denn ich habe gelernt, aufzupassen und das Kleid – und das Unterkleid – sofort festzuhalten. Und „huch“ zu rufen. Wie die meisten Mädchen in so einer Lage.

Im Abteil sind ein paar andere Fahrgäste, Männer, und wir müssen schon recht artig sein – oder so tun. Dennoch, Mädchengelächter schallt durch den Waggon, und ich tue mit und lasse mein Kleid vor den Männeraugen fliegen wie die anderen auch. Und dann tue ich so als ob sich ein Strumpfhalter gelöst hätte und knüpfe ihn wieder fest – natürlich muss ich dazu das Kleid anheben, im Stehen, vor den Männern – wo sonst. Heimlich schaue ich aus den Augenwinkeln, wie die Männer damit umgehen: vorsichtig sehen sie zu, und einer sagt, „das kannst du aber gut, sieht gut aus, film-fähig.“ Und einer sagt, „eigentlich könntest  du mal in mein Studio kommen, dann machen wir ein paar Aufnahmen dazu.“ Wir hocken uns auf die Bänke, und dabei rutschen unsere Kleider mal wieder hoch, und die Männer dürfen ganz kurz druntergucken (sie sehen aber schnell wieder weg, mit rotem Gesicht und ausgebeulter Hose) – doch das ist mir zu riskant, das tue ich nicht.

Fulda, Umsteigen. Eine Stunde Aufenthalt auf dem Bahnsteig. Da ist eine senkrechte Eisenstange, die wohl das Dach hält, das halte ich mich dran fest und lasse mich um die Stange schleudern, und wieder fliegt mein Kleid hoch, auch das Unterkleid, und ich fühle die brennenden Augen von ein paar Schuljungs auf meinem Leib. Sie sind ja so schamlos und gieren mit ihren Blicken unter mein Kleid, und ich bin so frech und mache weiter und reize sie noch mehr. Diese Schuljungs-Gier habe ich nun nicht mehr – nie wieder gehabt. Ich habe gelernt, mich selbst im Kleid zu genießen und nicht irgendwelche fremden Mädchen.

So, das war´s also: Mädchen-Erfahrungen für´n Jungen – große Lebenserfahrung!

Zuerst gehe ich zu meiner Familie, um mich in den Mädchenkleidern zu zeigen, sehr verlegen. Schon der Gang durch unser Wohnviertel, wo ich ja Mit-Schüler treffen könnte . . . Einer hat mich aus dem Fenster gesehen und spricht mich einige Tage später in der Schule an, er auch sehr verlegen.

Meine Mutter freut sich einfach, daß ich wieder zuhause bin. Mein Vater bewundert meinen Mut, wie er sagt, „das hätte ich nie gewagt. Ich gestehe, heimlich habe ich solche Wünsche auch mal. Sollte ich auch mal wagen – oh, was für einen großen Sohn ich doch habe,  . . . “ und ein paar Tränen kamen ihm in die Augen. Mutti will auch seinen Mut anstacheln, „wir können dir ja mal ein paar Frauensachen besorgen, meine werden dir zu klein sein.“ Und dann bewundern sie meine Perlons, „daß du DAS gewagt hast, die weiblichste aller Kleidung: Perlon-Strümpfe (Nylons)!“ Ich zeige ihr, wie ich sie zusammen geschoben habe und sie lacht laut los, „ja so ist das. Wenn du willst, beschaffe ich dir kürzere, die gibt es nämlich für jüngere Mädchen. Daß die die nicht hatten, wundert mich.“

Abends wieder in Susanne´s Haus. Susanne lädt mich ein, wieder bei ihr zu schlafen, und sie möchte mich wieder ausziehen. Das ist nun von solcher schwesterlichen und mütterlichen Art, daß ich vor Rührung anfange zu weinen. Wir sind uns ja sehr nahe, nun nach diesen zwei Wochen gemeinsamen Wanderns. – Nein, auf eure unausgesprochene Frage: nein, Höschen haben wir unter dem Nachthemd nicht anbehalten – ich ja sowieso nicht, selbst tags nicht in unserer Heimatstadt. 

Vor dem Schlafen denke ich noch mal an meinen alten Satz, „Mädchen sind ja was ganz nettes, aber richtig anziehen tun sie mich nicht.“ Das ist nun etwas anders geworden: Weil das Zusammensein mit den Mädchen mir geholfen hat, mich etwas mehr als Junge kennen zu lernen. Heute ziehen mich Mädchen schon an, eben deswegen.

Am nächsten Tag wieder ganz zu Hause: wieder in kurzer Hose und Knabenhemd. Ganz Junge. Doch habe ich mich sehr verändert. Meine Mutter ist mir näher, und mein Vater hat verstanden, daß es nicht so einfach ist, einen Jungen einfach zum Mann nach irgendeinem festen Schema zu machen. „Ich merke, Mann sein ist eine sehr persönliche Sache, und du wirst deinen Weg gehen so wie ich meinen, anderen Weg gefunden habe. Ich unterstütze dich so zu sein, wie du bist.“ Mir kommen Tränen für diese Sätze und ich umarme diesen großen Kerl voller Freude, meinen Vater.


Die Wander-Gruppe: Susanne, Petra (Poetra), Johanna, Marianne, Dorothea, Stefan.






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